Einflussreiches Independent-Label
50 Jahre Island Records
1959 gründete Chris Blackwell auf Jamaika Island Records. In den 1960er Jahren übersiedelte die Firma nach London und wurde eines der wichtigsten Independent-Labels der nächsten 20 Jahre. 1989 verkaufte Blackwell sein Label um 272 Millionen Pfund.
8. April 2017, 21:58
Im Jahr 1959 gründete der gebürtige Brite Chris Blackwell auf Jamaika eine Plattenfirma, die zunächst einmal nur Musik von den Karibikinseln veröffentlichte. In den sechziger Jahren übersiedelte Island Records nach London und wurde eines der wichtigsten Independent-Labels der nächsten zwanzig Jahre mit legendären Veröffentlichungen von Musikern wie beispielsweise Bob Marley, Cat Stevens, Roxy Music und John Cale. Das Label feierte heuer sein 50-jähriges Jubiläum.
Namensgeber der Plattenfirma war der Roman "Island in the sun" von Alec Vaughn, der später auch Harry Belafonte zu seinem gleichnamigen Hit inspirierte. Die erste veröffentlichte Aufnahme war ein Jazz-Album des Pianisten Lance Haywood. Ab 1960 begann Blackwell, vor allem jamaikanische Popmusik zu produzieren. Zwei Jahre später kam ein Büro in Großbritannien hinzu, das zuerst einmal nur jamaikanische Ska-und Reggaeplatten verkaufte.
Young black and white dynamite
"My boy lollipop" der damals erst 15-jährigen jamaikanischen Sängerin Millie war 1964 auf der britischen Insel der erste Nummer eins Hit für Island Records. 1965 wurde der von Chris Blackwell produzierte Song "Keep on runnin" des Jamaikaners Jackie Edwards in der Version der "Spencer Davis Group" der nächste große Hit und etablierte das Label auch im Rockbereich. Ein 17-jähriger weißer Engländer namens Steve Winwood, später mit Traffic, Blind Faith und als Solokünstler erfolgreich, verblüffte damals nicht nur Blackwell mit seiner tiefschwarzen Stimme.
In den 1960er Jahren etablierte sich Island Records mit Bands wie Fairport Convention als wichtiges Label der boomenden britischen Folkrockszene. Obwohl Blackwell persönlich wenig für Progressive Rock übrig hatte, bekamen King Crimson 1969 die Chance, ihr aufsehenerregendes Debüt "In the court of the Crimson King" zu veröffentlichen. Die Band läutete damit die völlige stilistische Offenheit der Plattenfirma in den 70er Jahren ein.
Die goldenen 70er und 80er Jahre
Zu den erfolgreichsten Alben, die jemals auf Island Records erschienen, gehört das 1971 veröffentlichte "Tea for the Tillerman" des britisch-zypriotischen Musikers Steven Demetre Georgiou, besser bekannt unter seinem damaligen Künstlernamen Cat Stevens. Darauf befinden sich die unverwüstlichen Radioevergreens "Father and Son" und "Wild World".
"Tea for the Tillerman" ist bis heute eines der Lieblingsalben von Chris Blackwell. Weniger Interesse hatte er an einer exzentrischen englischen Artrockband, die ein Jahr später ihr Debütalbum auf Island herausbrachte. Doch Mitarbeiter seines Labels überzeugten ihn, den extravaganten jungen Männern, die so gar nichts mit Folkrock oder Reggae am Hut hatten, eine Chance zu geben. Und die Rechnung ging auf: Nicht zuletzt Roxy Music festigte den Ruf von Island Records als cleveres und hippes Label.
Bob Marley
1973, nur ein Jahr später, veröffentlichte der vielleicht wichtigste Island-Künstler seine erste Platte für Island Records: Bob Marley mit seinen Wailers. Blackwell nahm die Band, die damals den Ruf einer unzuverlässigen Radautruppe hatte, unter Vertrag und griff in die Produktion ein, um die Wailers als schwarze Rockband zu etablieren.
Damals im Reggae unübliche Arrangementideen wie Synthesizer und Rockgitarrensolos wurden den Aufnahmen hinzugefügt. Der Erfolg gab ihm recht. Die achtziger Jahre bescherte dem Label neben den aufsehenerregenden Aufnahmen von Grace Jones Island Records auch seine kommerziell wohl erfolgreichste Band, die irische Gruppe U2.
Rückzug
1989 verkaufte Chris Blackwell sein Label um kolportierte 272 Millionen Pfund und zog sich 1997 endgültig aus dem Musikgeschäft zurück. 2001 wurde er in der Kategorie "Non-Performers" in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen. Mittlerweile hat er vor zwei Jahren mit dem Musiker Tricky ein neues Label namens "Brown Punk" gegründet.
Inwieweit Blackwell noch an dem Zustandekommen des Plattenvertrags mit der englischen Popband Pulp beteiligt war, ist mir nicht bekannt. Das 1995 erschienene Album "A different class" ist vielleicht eine der letzten musikalischen Großtaten von Island Records, das heutzutage als Teil des Universal Konzerns zu einer Allerweltsplattenfirma mutiert ist.
Hör-Tipp
Spielräume, Sonntag, 15. November 2009, 17:30 Uhr
Link
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