Massive Unterschiede zwischen Schweden und Dänemark

Einwanderungsmodelle im Vergleich

Die Nachbarländer Dänemark und Schweden waren lange bekannt für ihre wohlwollende Aufnahme von Flüchtlingen. Seit einigen Jahren haben beide Länder konservative Regierungen. In der Einwanderungspolitik vertreten sie aber eine völlig konträre Politik.

Die beiden skandinavischen Nachbarländer Dänemark und Schweden waren lange bekannt für die Unterstützung von Entwicklungsprojekten in der Dritten Welt und für eine wohlwollende Aufnahme von Flüchtlingen aus den Krisengebieten dieser Erde. Seit einigen Jahren sind in beiden Ländern konservative Regierungen an der Macht, doch in der Einwanderungspolitik vertreten sie eine völlig konträre Politik. Das hat auch schon zu Konflikten geführt.

Schweden, das Einwanderungsland

Wenn eine Ausländerbehörde als Motto den Satz hat: "Schweden - ein Land, das offen ist für die Möglichkeiten der weltweiten Migration" - dann ist das schon überraschend. Das schwedische "Migrationsverket" will auf die Möglichkeiten der Einwanderung fokussieren, nicht so sehr auf die Probleme.

Schweden sieht sich schon seit längerem als Einwanderungsland. Seit den 1970er Jahren, seit den Zeiten des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Olof Palme, hat das Land Verfolgte aus allen Teilen der Welt aufgenommen. In keinem anderen europäischen Staat leben heute beispielsweise mehr Flüchtlinge aus dem Irak als in Schweden.

Die Staatsbürgerschaft erhält man nach fünf Jahren, als Flüchtling schon nach vier Jahren. Die schwedische Einwanderungsministerin heißt Nyamko Sabuni, sie ist schwarz, wurde im afrikanischen Burundi geboren und ist seit drei Jahren in der Regierung, seit dem Wahlsieg der Konservativen unter Frederik Reinfeldt.

Freier Zugang zum Arbeitsmarkt

Auch unter einer konservativen Regierung verfolgt Schweden die liberalste Einwanderungspolitik aller europäischen Staaten, jedoch mit geänderter Schwerpunktsetzung: Migranten und Flüchtlinge, so heisst es, sollen mehr Eigenverantwortung erwerben und sich möglichst schnell in den Arbeitsprozess integrieren. Frederik Bengtsson vom Migrationsverket in Malmö verweist darauf, dass der Arbeitsmarkt für Asylsuchende und für abgelehnte Asylwerber geöffnet worden ist. Das sei einzigartig in der EU.

"Ausländer-Raus" in Dänemark

Ähnlich wie in Schweden ist auch im benachbarten Dänemark eine Rechtsregierung an der Macht, doch in der Ausländerpolitik geht diese ganz andere Wege. Denn als Minderheitsregierung der Konservativen und Rechtsliberalen ist sie auf die parlamentarische Unterstützung der Dänischen Volkspartei angewiesen. Und deren erklärtes Ziel ist es, die Einwanderung einzudämmen.

In Dänemark haben sich die Fronten in der Einwanderungsfrage vor allem im Gefolge des Konflikts um die Mohammed-Karikaturen, die ja in der dänischen Tageszeitung "Jylland Posten" erschienen waren, verschärft. Immer wieder aufflammende Unruhen von Jugendlichen aus Einwandererfamilien im Kopenhagener Stadtteil Nörrebro waren auch nicht dazu angetan, die Situation zu entspannen.

Als Dänemark die Gesetze zur Familienzusammenführung verschärft hat, sind viele Menschen aus Dänemark nach Malmö übersiedelt. Das schwedische Malmö ist mit der dänischen Hauptstadt Kopenhagen durch die neue Öresundbrücke verbunden.

Inhuman versus blauäugig

So nahe die beiden Länder hier sind, so unterschiedlich sehen sie doch die Einwandererfrage. Während aus Schweden die dänische Einwanderungspolitik bisweilen als inhuman und ausländerfeindlich kritisiert wird, wird in Dänemark den Schweden bisweilen unterstellt, sie würden die Themen Migration und Asyl viel zu blauäugig sehen.

Die verschärfte dänische Ausländerpolitik wird jedenfalls vom Wahlvolk honoriert: Die rechte Regierungskoalition hat im letzten Jahrzehnt drei Wahlsiege in Folge eingefahren, die Rechtspopulisten der Dänischen Volkspartei sind mit 14 Prozent der Stimmen zur drittgrößten Partei geworden. In Schweden hingegen sind die ausländerfeindlichen "Schwedendemokraten" im Parlament nicht vertreten, mit weniger als drei Prozent sind sie an der Vier-Prozent-Hürde gescheitert.

Hör-Tipp
Europa-Journal, Freitag, 11. Dezember 2009, 18:20 Uhr