Sternsingen für Andhra Pradesh

Indien von unten

Rund 85.000 Kinder sind auch heuer wieder verkleidet als "Heilige Drei Könige" in ganz Österreich unterwegs. Sie sammeln Spenden für die katholische Entwicklungshilfeorganisation DKA. Eines der unterstützten Projekte befindet sich im Süden Indiens.

"Mama, mach Dir keine Sorgen darüber, dass ich ein Mädchen bin. Auch Gott wurde doch unter schwierigen Umständen geboren. Krishna wurde unter schwierigen Umständen geboren. Saraswati, die Göttin der Bildung ist auch eine Frau. Ich werde meinen Weg machen", singt die 16-jährige Moglamma.

Mit dunkelblauem Rock und hellblauer Bluse steht sie mitten im Hof der Schule in einem kleinen Dorf nahe Maddur Mandal im indischen Bundesstaat Andhra Pradesh. Dafür dass sie 16 ist, sieht Moglamma jung aus, eher wie 13 oder 14. Aber in ihren Augen liegt eine große Ernsthaftigkeit, wenn sie erzählt: "Uns geht es nicht sehr gut zu Hause. Mein Vater ist gestorben. Ich würde so gerne etwas lernen, aber ich habe so viele andere Probleme. Meine Mutter erklärt mir jeden Tag, dass wir dafür kein Geld haben. Ich soll doch endlich arbeiten gehen und etwas verdienen."

Der Traum von Bollywood

Doch fragt man Moglamma nach ihren Träumen, blitzt es plötzlich auf in den ersten braunen Augen unter dem akkurat gezogenen Scheitel: Moglamma träumt von Bollywood - der indischen Filmindustrie. Sie möchte Sängerin werden, doch dafür müsste sie eine Musikausbildung im 100 Kilometer entfernten Hyderabad machen, erzählt sie: "Ich könnte mich dann bei Fernsehshows bewerben, oder beim Film. Aber ich kann auch Musik unterrichten, wenn ich eine Ausbildung gemacht habe. Für Buben ist immer alles leichter. Für uns Mädchen gibt es so viele Verbote und so viel Arbeit. Den Buben sagt man: lern was. Denn wenn sie einen guten Job haben, kommt das der eigenen Familie zugute. Bei einem Mädchen sagt man: Wofür? Sie heiratet und wenn sie viel verdient, zieht die Schwiegerfamilie den Vorteil daraus. Mädchen etwas lernen zu lassen, ist nur rausgeschmissenes Geld. So denken viele."

Gebildete Mädchen kommen teuer

Je besser ein Mädchen ausgebildet ist, desto teurer kommt es ihrer Familie auch, sie zu verheiraten. Denn geht ein Mädchen lange Zeit in die Schule und macht eine Ausbildung, dann ist sie automatisch älter, braucht also auch einen älteren Ehemann, der noch dazu auch eine gute Ausbildung oder bereits einen Beruf haben sollte.

Um ihre Tochter mit einem - zumindest finanziell gesehen - begehrenswerten Ehemann zu verheiraten, müssen die Eltern der Braut aber tief in die Tasche greifen. Vor allem Familien mit vielen Töchtern und wenig Söhnen verschulden sich dafür oft für Jahrzehnte. Söhne bringen Geld, Töchter kosten Geld.

Mitgiftmorde

Zahlt die Familie der Braut nicht genug, ergeht es den Mädchen oft schlecht in der neuen Familie. Schlägt man in Indien eine Tageszeitung auf, liest man fast täglich von "Haushaltsunfällen" junger Frauen, die eigentlich dazu dienen, eine Ehefrau oder Schwiegertochter los zu werden, um eine neue heiraten zu können - inklusive Mitgift.

Doch hier wird plötzlich eine gute Schulbildung zur Lebensversicherung für die Mädchen, erklärt Helango, der lokale Projektreferent der Österreichischen Dreikönigsaktion: "Es gibt zwar Gesetze, aber die werden in diesem Fall noch kaum umgesetzt. Vor allem am Land nicht. In der Stadt ändert sich das jetzt langsam. Man liest jetzt auch schon manchmal in der Zeitung, dass jemand wegen eines Mitgift-Verbrechens verhaftet wurde. Diese Veränderung kommt daher, dass immer mehr Mädchen einen Job haben, und sich dadurch besser wehren können. Sie lassen sich nicht mehr alles gefallen."

Gegen Kinderehen und Kinderarbeit

Hier setzt auch das REEDS-Projekt an, das von der Österreichischen Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar (DKA) unterstützt wird. REEDS ist die Abkürzung für Research in Environment, Education and Development Society, also Gesellschaft zur Erforschung von Umwelt, Bildung und Entwicklung. Es geht hierbei vor allem um die Ermächtigung von Mädchen und jungen Frauen und damit um die Verbesserung der Lebenssituation für die ganze Familie.

Die Hauptpfeiler sind dabei Bildung, zum einen klassische Schulbildung, aber auch Wissensvermittlung zu Rechten, Gesundheit und Hygiene. Ein weiteres Ziel ist es, gegen Kinderhochzeiten und Mädchenarbeit zu kämpfen und die Position der Jugendlichen in der Dorfgemeinschaft zu stärken - etwa durch die Schaffung von Netzwerken. Diese Netzwerke sind es auch, die den Mädchen die Kraft geben, sich gegen einengende Traditionen aufzulehnen und ihre eigene Situation zu verbessern.

Hör-Tipp
Tao, Freitag, 25. Dezember 2009, 19:05 Uhr

Link
Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar - Spendenkonto