Sterben - Teil des Lebens?!
Der Umgang mit dem Tod
Im Schatten der Diskussionen um die Euthanasie steht das ganz normale Sterben im Krankenhaus. Es ist nicht nur ein Kampf um Leben und Tod, sondern auch ein Kampf zwischen den Interessen der Betroffenen, der Ärzte und der Angehörigen.
8. April 2017, 21:58
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Sterben im Krankenhaus ist nicht nur ein Kampf um Leben und Tod, sondern auch ein Kampf zwischen den Interessen der Patienten, der Ärzte und der Angehörigen. Wobei die Schwerkranken in vielen Fällen nicht das letzte Wort haben. Die Furcht, alleine zu sterben, ausgeliefert zu sein, bringt Woody Allen auf den Punkt:
Ich habe keine Angst vor dem Sterben. Ich will nur nicht dabei sein, wenn es passiert
Sterben ist Teil des Lebens. Selbst in Österreich, wo der Tod als gesellschaftliches Ereignis eine sehr lange; traditionsreiche Kultur hat, sich die Bundeshauptstadt mit einer morbiden Vorliebe zur "schöne Leich" brüstet, wird das Sterben tabuisiert. Im Endeffekt werden in der ethischen Diskussion die Beteiligten in den Institutionen mit ihren Entscheidungen alleine gelassen.
Am Ende des Lebens steht der Tod und nicht der Versuch, das Sterben zu verhindern. Der atemberaubende Fortschritt der Wissenschaft in unserem Jahrhundert hat dazu geführt, dass unsere Gesellschaft hier falsche Akzente setzt. Der Sterbende muss im Drama des Todes als Hauptfigur wieder in den Mittelpunkt rücken. (Sherwin B. Nuland)
Sterben wird "ausgelagert"
War es früher noch durchaus üblich, im Kreis der Familie die letzten Atemzüge zu tun, so wird das Sterben vermehrt in Institutionen "ausgelagert". Über zwei Drittel aller Menschen in Österreich verbringen die letzten Tage ihres Lebens im Krankenhaus oder Pflegeheim. Daher werden auch Diskussionen um die Autonomie der Todkranken, die nicht zu Statisten ihres eigenen Sterbens degradiert werden sollen, immer häufiger.
Denn es geht nicht nur um die Wünsche und Bedürfnisse der Menschen kurz vor dem Tod, sondern oft auch um die Interessenslagen der Ärzte und des Pflegeteams, der Angehörigen und letztendlich auch der Öffentlichkeit. All das untergräbt die Autonomie des Einzelnen in der wichtigen letzten Phase seines Lebens.
Lebensverlängerung oder Sterbeverlängerung?
Die Grenze zwischen Lebensverlängerung und Sterbeverlängerung ist nicht klar definiert. Dies gilt vor allem für die Intensivmedizin. Ein Sterbender ist ein Patient, bei dem lebensverlängernde Maßnahmen keinen Sinn mehr haben und unterbleiben sollen, weil sie bei, nach Stand des Wissens, aussichtsloser Grunderkrankung für den Patienten keine Hilfe mehr bedeuten, sondern nur noch das Leiden verlängern und den unvermeidlichen Eintritt des Todes verhindern wollen.
"Sterben" ist so betrachtet also die Phase zwischen Abbruch der Behandlung aufgrund negativer Prognose und dem Eintritt des Todes. In dieser Phase sollten nur mehr palliative, also das Leiden lindernde, Komfort-Maßnahmen gesetzt werden.
In kaum einem anderen Bereich der Medizinethik prallen die verschiedenen Wertevorstellungen so hart aufeinander wie in der Debatte um ein menschenwürdiges Lebensende, um das Sterben und den Tod.
Patientenverfügung - Ihr Wille zählt
Das Recht auf Leben sollte nicht, wie Ethiker meinen, zu einer Pflicht auf Leben werden. Rechtlich gibt es in Österreich seit dem Jahr 2006 mit dem Patientenverfügungsgesetz die Möglichkeit, seine Vorstellung über die letzte Zeit nicht nur kundzutun, sondern diese auch rechtlich bindend umgesetzt zu wissen.
Dabei kann entweder eine verbindliche Patientenverfügung, über Rechtsanwalt, Notar oder Patientenanwaltschaft oder eine beachtliche Verfügung erstellt werden. Diese müssen von den behandelnden Ärzten akzeptiert werden. Der Wille des Patienten/der Patientin ist unter allen Umständen zu respektieren.
Es gibt allerdings noch keine standardisierten Übergabeprozeduren, sodass noch nicht sicher festgestellt werden kann, ob für einen nicht mehr ansprechbaren Menschen eine derartige Verfügung vorliegt. Hier soll in Zukunft ein zentrales Register geschaffen werden.
Eine weitere rechtliche Möglichkeit besteht darin, in einer Vorsorgevollmacht eine Person des Vertrauens mit Entscheidungen für den Fall des Falles zu beauftragen. Je schlechter eine Gesellschaft mit dieser Thematik umzugehen versteht, desto heftiger werden auch die Rufe nach einer liberalen Gesetzgebung hinsichtlich der Euthanasie. Die aktive Sterbehilfe ist in Österreich verboten.
Palliativmedizin und Hospizbewegung - Begleitung bis zuletzt
Die Palliativmedizin sieht sich als Absage an die aktive Sterbehilfe. Dieser Zweig der Medizin hat sich auf die Betreuung unheilbar kranker Menschen verschrieben, um ein würdevolles Abschiednehmen zu ermöglichen.
Auch die Hospizbewegung hat in Österreich einen fixen Platz in der Versorgungsstruktur eingenommen. Zudem besteht immer öfter die Möglichkeit für Angehörige, ihre Verwandten - ob zu Hause oder in Institutionen - durch diese Lebensphase zu begleiten. Mit der Familienhospiz-Karenz hat der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen dafür geschaffen.
All diese Maßnahmen dienen dazu, dass Sterbende mit ihren Bedürfnissen wieder in den Mittelpunkt rücken.