Spezialist für die deutsche Klaviermusik

Der Pianist Edwin Fischer

Edwin Fischer galt als Repertoire-Antipode zum ebenso bekannten Franzosen Alfred Cortot. Was Cortot als Interpret für die französische Klaviermusik, für Chopin und Liszt bedeutet hat, war Fischer für den klassisch-romantischen Bereich der deutschen.

Am 24. Jänner - vor einem halben Jahrhundert - ist der Schweizer Pianist Edwin Fischer gestorben. In der ersten Jahrhunderthälfte erwarb er sich - neben Arthur Schnabel - einen Ruf als Spezialist für die deutsche Klaviermusik der Klassik und Romantik. Und er war der erste Pianist der Schallplattengeschichte, der das "Wohltemperierte Klavier" Bachs komplett aufgenommen hat.

So nebenbei erwies er sich auch als eindrucksvoller Schubert-Interpret, was damals als ein sehr exklusives Etikett galt und auf internationalen Podien so lange Arthur Schnabel vorbehalten blieb, bis sich Fischers Plattenfirma entschloss, auch mit ihm den unpopulären Klavierkomponisten Schubert ins Programm zu nehmen. Dann überzeugten seine Wandererfantasie-, Impromptu-, und Moment musicaux-Interpretationen und nach dem Krieg auch die Liedaufnahmen mit Elisabeth Schwarzkopf ebenso wie das Schubert-Spiel Schnabels.

Nicht nur Schubert

Aber privat hat Fischer nicht nur gern mit seinem Kollegen Cortot vierhändig gespielt, sondern - wie er seinem Schüler Alfred Brendel einmal verriet - auch mal Chopin ganz für sich. Aber in der Öffentlichkeit trat er vorwiegend mit Deutschem auf, wobei seine legendäre Anschlagskultur besonders geschätzt worden ist.

1886 - im selben Jahr wie Wilhelm Furtwängler geboren - allerdings in der Schweiz, in Basel, wo er zunächst Klavier studiert hat. Seine endgültige pianistische Ausbildung erhielt er aber in Berlin vom Liszt Schüler Martin Krause, der ihn auch mit d'Albert bekannt machte. Schon im Jahr 1905, also im Alter von 19 Jahren, begann Fischer in demselben Stern'schen Konservatorium, in dem er studierte, selbst zu unterrichten und wurde - fast - bis zu seinem Tod im Jahr 1960 einer der wichtigsten Klavierpädadogen im deutschen Raum.

Posten in Berlin
Nachdem sich seine Karriere vor dem Ersten Weltkrieg vor allem auf Deutschland ausdehnte und danach immer internationaler wurde, übernahm er 1931 von Arthur Schnabel eine Klasse an der Berliner Musikhochschule, wo er auch viel - etwa unter Furtwänglers Leitung - in der Philharmonie auftrat.

Gemeinsam mit Schnabel galt Fischer bald als der bedeutendste Pianist in Deutschland. Im Jahr 1926 übernahm er die Leitung des Lübecker Musikvereins, 1928 des Münchener Bachvereins, dann eines Kammerorchesters in Berlin, mit dem er vor allem als Bach-Dirigent viel Erfolg hatte.

Der Lehrer Fischer
Ein besonders Kapitel aber war der Pädagoge Edwin Fischer. Sein Schüler Alfred Brendel schrieb:

Fischer, der Lehrer: Schon seine Anwesenheit elektrisierte. In das Spiel sanfter Damen und zaghafter Jünglinge kam plötzlich Leben, wenn er sie an der Schulter packte. Ein paar Dirigierbewegungen, ein anfeuerndes Wort konnten bewirken, dass der Schüler plötzlich über sich selbst hinauswuchs. Wenn Fischer auf solche Weise den Zusammenhang eines ganzen Satzes suggerierte, erschien es den Begabten, als blickten sie in eine Herzkammer des Musizierens. Mit einer Anekdote oder einem Gleichnis hat er uns manchmal mehr geholfen, als dies mit "sachlichen" Anweisungen möglich gewesen wäre.
(Alfred Brendel in "Nachdenken über Musik")

Ensemblegeist
Als Kammermusiker ist im Trio am liebsten und viele Jahre hindurch gemeinsam mit Enrico Mainardi (Cello) und Georg Kulenkampf (Violine) aufgetreten, wobei letzterer später durch Wolfgang Schneiderhan abgelöst worden ist. Sein ganzes Leben lang blieb Fischer Schweizer Staatsbürger - trotz einer vorwiegend deutschen Karriere.

Und 1942 übersiedelte er auch in seine Heimat - nach Hertenstein am Vierwaldstätter See. Dort, genauer in Luzern, hat er dann nach dem Zweiten Weltkrieg von 1945 bis 1958 seine Meisterkurse geleitet.

Hör-Tipp
Musikgalerie, Montag, 18. Jänner 2010, 15:05 Uhr

Links
Youtube - Brahms-Konzert Nr. 2, Edwin Fischer
Youtube - Schubert-Impromptu Op.142 No. 3, Edwin Fischer
Youtube - J.S. Bach, Präludium und Fuge BWV 871, Edwin Fischer

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