Chopin und Prokofieff

Jahresregent Friedrich Gulda

Sein Mozart- und Beethovenspiel war über jede Kritik erhaben, auch das impressionistische Repertoire. Sonst wiesen seine Programme eigenartige Lücken auf, nicht nur was Brahms und Schumann betrifft. Stattdessen gab es Gulda, den Jazzer und Verweigerer.

Seitdem der Wiener Musiker im Alter von 16 Jahren den Genfer Klavierwettbewerb gewonnen hat, war er als Ausnahmetalent bekannt. Plattenfirmen und Konterveranstalter rissen sich um ihn. Schon 1950, da war er zwanzig Jahre alt, debütierte er in der New Yorker Carnegie Hall.

Er war ein untadeliger Techniker, aber keineswegs nur ein exzessiv subjektivistischer Solist, sondern ein ebenso begeisterter Kammermusiker, ganz wie seine berühmteste Schülerin, Martha Argerich. Vor einem Jahrzehnt, am 27. Jänner 2000 (das war auch der 244. Geburtstag Mozarts), ist Friedrich Gulda gestorben.

Der Schwierige

Seit den 60er Jahren wandte sich Gulda mehr und mehr dem Jazz zu, wird ein "Schwieriger", ein Verweigerer, ähnlich wie damals in der Theaterszene Oskar Werner, sagt auch oft ab oder schockierte sein Publikum mit Unerwartetem.

Geübt hat er nur im Alter von 13 bis 16 Jahren - also bis zum Zeitpunkt seines Genfer Wettbewerbs-Sieg. Wer ihn danach fragte, wie er die technische Seite später gemeistert hat, erhielt die lapidare Antwort: "Einfach laufen lassen." Und auf die Frage, warum er so viel Jazz spiele, trotz seiner offenkundigen Wertschätzung der Klassiker, meinte er, dass die Klassiker ja nicht die Probleme der heutigen Menschen hatten, dass es wichtiger sei, den Menschen mit Eignem etwas zu sagen und dass er gerne improvisiere. Ja, er hat sogar manchmal in Mozart-Konzerten die Kadenzen aus dem Augenblick heraus geschaffen und gelegentlich in Mozart-Sonaten kleine Läufe hinein improvisiert.

Kaiser über Gulda

Der Klavierpapst Friedrich Kaiser schrieb über den jungen Gulda: "Seit er 1953 mit dem Zyklus sämtlicher Beethoven Sonaten in Wien und anderen Städten hervortrat, gilt er als die fesselndste, umstrittenste, zumindest manuell begabteste Beethoven-Spieler seiner Generation. Sein Spiel ist ausgesprochen maskulin, kraftvoll, bestimmt, entschieden. Große Zusammenhänge gelingen ihm wie aus einem Guss, werden überschaubar, einfach. Auch im entfesselten Tempo erlaubt er sich keine Undeutlichkeit. Er kann technisch offensichtlich mehr als Schnabel, Kempff, als Fischer oder selbst Svjatoslav Richter. Und er übersieht genau, was er kann." Ja, Guldas Spiel, nicht nur bei Beethoven, wirkt stets souverän disponiert!

Neue CDs
Im Internet finden sich zwar eine vollständig scheinende Diskographie Friedrich Gulda, die auch Raritäten, wie eine mir bisher unbekannte Tschaikowsky-Klavierkonzertaufnahme mit Volkmar Andrae enthält, was dort aber noch fehlt, sind nicht die gerade von der Deutschen Grammophon wieder auf den Markt gebrachten Chopin-Interpretationen Guldas, sondern die kürzlich erstmals erschienenen Berliner RIAS-Aufnahmen der 1950er Jahre, die das Audite-Label im letzten Herbst auf den Markt gebracht hat.

Es handelt sich um vier CDs mit dem typischen 50er-Jahre-Repertoire Guldas. Einige Beethoven-Variationen und Sonaten, die von seinen Schallplattenproduktionen bereits bekannten Solowerke Debussy und Ravels, die 7. Prokofieff-Sonate, die 24 Preludes von Chopin, ein Nocturne in c-Moll Op.48, Nr.1., das er bei seinen Plattenproduktionen niemals gespielt hat und Mozarts c-Moll Klavierkonzert KV 491 mit Kadenzen und Eingängen, also freien Hinzufügungen von Johann Nepomuk Hummel. Am Pult des Rias-Symphonieorchesters stand damals im Aufnahmejahr 1953 ein künstlerischer Partner, den man in Guldas Diskographie bisher nicht finden konnte: der Komponist und Dirigent Igor Markevitch.

Jahresregent Gulda

Friedrich Gulda ist heuer einer der musikalischen Jahresregenten. Am Mittwoch, 27. Jänner 2010 jährt sich sein Todestag zum zehnten Mal. Aus diesem Anlass spannt Guldas Sohn Paul ein Netz an Veranstaltungen rund um seinen legendären Vater.

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