Andere Länder, andere Sitten
Business-Talk
Für international tätige Geschäftsleuten wäre es manchmal hilfreich, einen Blick auf die Forschungsergebnisse von Soziologen, Sprach- oder Kulturwissenschaftlern zu werfen. Der Business-Talk mit Menschen aus anderen Kulturen birgt einige Fallgruben.
8. April 2017, 21:58
Für ausländische Unternehmer ist China eine besondere Herausforderung. Die amerikanische Anthropologin Aihwa Ong ist eine Kennerin des asiatischen Business. "Viele westliche Manager sind sehr frustriert", sagt sie. "In der Vergangenheit war sogar das Telefonieren oft ein Problem: heb nie das Telefon ab, ruf nie zurück, antworte nicht auf E-Mails - wenn noch keine persönliche Beziehung da ist!"
Ong betont, wie wichtig in China interpersonelle Beziehungen sind - persönliche Netzwerke machen den reibungslosen Ablauf eines Geschäfts erst möglich. Und die gilt es ständig zu aktualisieren, denn chinesische Mitarbeiter sind keineswegs so loyal wie ihr Ruf. Viele Chinesen wechseln ihre Jobs bei Multis sofort für eine minimale Gehaltsverbesserung.
Mit Blicken "verhexen"
In Afrika hingegen gilt ein Job bei einem Multi noch als Privileg, denn nur rund zehn Prozent der Bevölkerung sind überhaupt sozialrechtlich abgesichert. Afrika ist ein Kontinent mit rund 2.000 verschiedenen Kulturen. Dennoch kann man einige generelle Unterschiede zur Kommunikation im Westen festmachen, erklärt der Afrikanist Erwin Ebermann von der Universität Wien.
Die Unterschiede beginnen zum Beispiel bei der Interpretation intensiveren Augenkontakts. "In sehr vielen afrikanischen Kulturen gilt es als unhöflich bei einer Respektsperson lange und intensiven Augenkontakt zu suchen. Direkt und längere Zeit in die Augen zu schauen, wird oft als ein Zeichen des Aufruhrs, der Bedrohung der Respektperson verstanden". Das verursacht viele Fehlinterpretationen im interkulturellen Kontakt, denn bei uns gilt das Standhalten eines Blicks als Beweis für Ehrlichkeit, für den Afrikaner ist es eine Höflichkeitsgeste.
"Ich komme wahrscheinlich"
Dieses Respektverhalten nimmt in städtischen Gebieten stark ab, beobachtet Erwin Ebermann, der selbst acht Jahre in Afrika gelebt hat. Positives Denken ist nach wie vor weit verbreitet, gerade da die Lebensbedingungen in vielen afrikanischen Ländern immer härter werden. Mit Jammern erntet ein Geschäftsmann jedenfalls kein Mitleid.
Was das Zeitmanagement betrifft, hat sich auch viel verändert, sagt der Afrika-Kenner Erwin Ebermann. Spitzenmanager können zu Besprechungen heute auch nicht mehr unpünktlich kommen, wenngleich man laut afrikanischer Tradition in Wahrscheinlichkeiten denkt.
Bei Verabredungen geht man von einer größeren oder geringeren Wahrscheinlichkeit aus, dass das geplante Ereignis auch eintritt. In afrikanischen Sprachkulturen würde man daher sagen, ich werde dich wahrscheinlich besuchen kommen und nicht: Wir sehen uns um 15:00 Uhr.
Joe statt Mr. Smith
In multilateralen Geschäftsbeziehungen ist Englisch die Sprache Nummer eins. Aber sogar der E-Mail-Verkehr mit Geschäftspartnern in den USA birgt einige Tücken.
Im Amerikanischen spricht man sich rasch mit Vornamen an, für den deutschsprachigen Raum ist das ungewöhnlich bis befremdlich, dennoch sollte man die formellen Floskeln lassen, rät Karin Schreiner, die Trainings für Interkulturelle Kommunikation anbietet. Es könnte sein, dass diese stark formale Anrede negativ ausgelegt wird. Der hat wohl kein Interesse und bleibt auf Distanz, denkt der Amerikaner dann.
Do you speak English?
Englisch ist oft die einzige Sprache, die alle Geschäftsleute mit den unterschiedlichsten Muttersprachen sprechen. Sie stellen sich auf ein gemeinsames Niveau ein und benutzen Englisch als Lingua franca.
Barbara Seidlhofer, Universitätsprofessorin für Englische Sprache und Literatur an der Universität Wien, hat ein großangelegtes Forschungsprojekt dazu laufen. Seidlhofer erstellt in einem FWF-Forschungsprojekt einen Computercorpus von gesprochenem Englisch als "Lingua Franca". Soweit die Forschung zeigt, führt das vereinfachte Englisch nicht zu mehr Missverständnissen - auch wenn das "Kauderwelsch" von richtiger Grammatik noch nie was gehört hat.
Hör-Tipp
Dimensionen, Dienstag, 2. Februar 2010, 19:06 Uhr