Wirtschaftskrise sorgt für Abnützungserscheinungen

Zapateros Kampf gegen den Absturz

Das ehemalige Musterkind der EU sieht sich plötzlich mit Problemen konfrontiert: Das sozialistisch regierte Land benötigt drastische Reformen, um die auf fast 20 Prozent gekletterte Arbeitslosenrate und das wachsendes Defizit zu bekämpfen.

Die schwärzeste Woche in der Regierungszeit Zapateros brachte neben der Absage des Gipfeltreffens zwischen EU und den USA, das zum Höhepunkt des Halbjahrs der spanischen EU-Ratspräsidentschaft werden sollte, auch einen Ordnungsruf aus Brüssel: Joaquin Almunia, damals noch EU-Wirtschaftskommissar, nannte sein Land in einem Atemzug mit dem Defizitsünder Griechenland.

Es folgte Panik an den Börsen, der spanische Leitindex stürzte ab und die internationale Presse machte Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero für den tiefen Fall verantwortlich. Das Wirtschaftwunderland Spanien, dank Rekordwachstum und einer gelungenen Integration von vier Millionen Immigranten ein Vorbild, ist innerhalb der letzten Monate zum Bankrotteur mutiert.

Opfer einer Investorenattacke?

Premierminister Zapatero kämpft gegen den Absturz. Er sieht Spanien als Opfer einer Attacke internationaler Investoren, die das Finanzsystem seines Landes zur Zielscheibe eines konzertierten Angriffs gemacht hätten. Im Krisenmanagement selbst zeigt der Sozialistenchef keine glückliche Hand: Die Suche nach Maßnahmen im Kampf gegen das ausufernde Defizit und die steigende Zahl von Arbeitslosen wird zum Hindernislauf.

Rasches und entschlossenes Handeln wäre geboten, um bei Investoren und Konsumenten wieder Vertrauen zu schaffen. Stattdessen werden Sparpakete vorgestellt und wieder verworfen: Nach einer massiven Streikdrohung der Gewerkschaften zog die Regierung ihren Plan zur Anhebung des Pensionsalters von 65 auf 67 Jahre wieder zurück.

Erstmals hat die Zahl der bei den Arbeitsämtern eingetragenen Arbeitssuchenden die Vier-Millionen-Marke überschritten - das ist ein Viertel aller Arbeitslosen in der Eurozone. Die Sozialleistungen für das wachsende Heer von Jobsuchenden belasten das Budget bis an die Grenzen.

Der Chef der sozialistischen Gewerkschaft UGT geht mit dem Regierungschef, der auch Obmann der sozialistischen Arbeiterpartei ist, hart ins Gericht. Candido Mendez meint, die Regierung habe bei der Bewältigung der Krise Fehler begangen und ein Bild der Unsicherheit und mangelnden Koordination vermittelt.

Ruf nach Zusammenarbeit

Immer öfter hört man auch den Ruf nach einem Pakt der Staatsmänner, der Zusammenarbeit der beiden Großparteien zur Bewältigung der nationalen Krise. Ideologischer Streit hat ein Bündnis zwischen Sozialisten und Volkspartei in Form einer Koalition bisher unmöglich gemacht. Der Chef der Volkspartei denkt auch jetzt nicht daran, dem in Nöte geratenen Premierminister zu Hilfe zu kommen.

Während Meinungsforscher den regierenden Sozialisten im Fall von Neuwahlen deutliche Stimmenverluste vorhersagen, kann die konservative Opposition ihren Vorsprung gegenüber der Regierungspartei kaum ausbauen. Deutliche Stimmengewinn werden nur zwei Fraktionen vorhergesagt: Die postkommunistische Vereinte Linke (IU) könnte laut einer Umfrage von Anfang Februar auf 6,1 Prozent kommen; die kleine Zentrumspartei der Baskin Rosa Diez darf auf Stimmen enttäuschter Wähler aus dem sozialistischen und dem konservativen Lager hoffen und könnte auf 4,4 Prozent kommen.

Widerstand gegen Sparpläne

Die düsteren Wahlprognosen sorgen in der Regierungspartei für Unruhe. Das zweite Kabinett Zapatero hat die Halbzeit der Legislaturperiode noch nicht erreicht, doch sorgt die spät erkannte und noch lange nicht bewältigte Wirtschaftskrise für Abnützungserscheinungen.

Der Ruf nach Neuwahlen wird laut, Zapatero will davon nichts wissen. Er verspricht eine Erholung der Wirtschaft, denn die Talsohle sei überschritten. Der in die Enge getriebene Regierungschef versichert immer wieder, nicht an ein Aufgeben zu denken.

Die linken Gewerkschaften rüsten aber zum Arbeitskampf gegen die sozialistische Regierung. Für kommende Woche sind bereits die ersten Kundgebungen gegen die angekündigten Sparmaßnahmen Zapateros geplant.