Ein Besuch in Haslach an der Mühl
Mechanische Musik und Leinöl
In Haslach an der Mühl befindet sich das "Museum Mechanische Klangfabrik". Untergebracht ist es in einer ehemaligen Weberei, denn Haslach war lange Zeit ein Zentrum der regionalen Textilindustrie. Die Grundlage dafür bildete der Flachsanbau.
8. April 2017, 21:58
Das erste Stück der Sammlung war ein Tretklavier
Die Sammelleidenschaft begann mit einem pneumatischen Klavier. Anfang der 1960er Jahre kaufte Erwin Rechberger dieses Instrument, bei dem die Töne über Lochstreifen und über ein ausgeklügeltes System von Luftströmen erzeugt werden, bei einem Altwarenhändler - und ab diesem Zeitpunkt ließ ihn die Faszination der mechanischen Musikinstrumente nicht mehr los.
Der Webereibesitzer aus Haslach an der Mühl, einer kleinen Marktgemeinde im nördlichen Mühlviertel, nutzte fortan seine Geschäftsreisen im In- und Ausland bevorzugt auch dazu, bei Trödlern und auf Flohmärkten nach seltenen Stücken Ausschau zu halten. Im Lauf der Zeit konnte er so an die 160 Instrumente aufstöbern. Viele davon waren nicht mehr funktionsfähig und mussten von Erwin Rechberger mit viel Geduld und erheblichem Aufwand - denn Ersatzteile waren kaum mehr zu bekommen - repariert und restauriert werden.
Jetzt aber spielen sie wieder - und wie sie klingen, das ist im "Museum Mechanische Klangfabrik" in Haslach zu hören. Denn seit 2007 befindet sich die Sammlung Rechberger in öffentlichem Besitz, und für die Besucher des großzügig gestalteten Museums setzen die Kuratorinnen gerne die Instrumente in Gang.
Unglaubliche Instrumente
Unter den Ausstellungsstücken finden sich neben Glockenspielen, Drehorgeln und Automatenklavieren auch Kostbarkeiten wie etwa Flötenuhren aus dem 18. Jahrhundert, eine mechanische Zither und eine mechanische Mundharmonika, oder ein Wiener Walzerorchestrion, das um 1890 gefertigt wurde.
Um dieselbe Zeit entstand auch ein besonderes Prunkstück der Sammlung: eine aufwändig dekorierte Karussellorgel, die aus Holland stammt. Zu den Kuriositäten der Sammlung gehört unter anderem eine um 1790 gebaute Prozessionsorgel, die bei Wallfahrten und Prozessionen mitgetragen wurde und über eine Automatik für die entsprechende geistliche Musikbegleitung sorgte.
Aber nicht nur Stücke aus dem 18. und 19. Jahrhundert sind in der Haslacher Klangfabrik zu bestaunen. Die Entwicklung der mechanischen Musikinstrumente wird bis in die 1960er Jahre dokumentiert - so etwa mit einer riesigen Tanzorgel und zwei Musikboxen.
Genügsamer Flachs
Untergebracht ist das "Museum Mechanische Klangfabrik" in einer ehemaligen Weberei, denn Haslach an der Mühl war lange Zeit ein Zentrum der regionalen Textilindustrie. Die Grundlage dafür bildete der Flachsanbau, der hier sehr intensiv betrieben wurde, da die Flachspflanze auf den relativ kargen Böden gut gedieh. Über Jahrhunderte war daher die Leinenproduktion der wichtigste Erwerbszweig der Region.
Produziert wurden die Leinenstoffe zunächst in Heimarbeit, und ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts - im Zuge des Aufschwunges der mechanischen Weberei - in Fabriken, die neben Leinen vor allem auch Baumwolle verarbeiteten. Ab den 1970er Jahren allerdings wurden die wirtschaftlichen Bedingungen für die Mühlviertler Webereien immer schwieriger und die Fabriken nach und nach stillgelegt. Die textile Tradition aber wird in Haslach mit einem alljährlichen Webermarkt und internationalen Textilkunst-Symposien weitergeführt.
Über die jahrhundertealte Tradition des Flachsanbaues und der Flachsverarbeitung informiert das Haslacher Webereimuseum, das mit vielen Exponaten die Entwicklung von der frühen Handweberei bis zum modernen automatischen Webstuhl dokumentiert.
Kulinarischer Genuss
Die Bedeutung, die der Flachs einst für die Region hatte, blieb aber auch in der Kulinarik erhalten. Denn immer noch spielt das aus den reifen Flachssamen gewonnene Leinöl eine große Rolle. Eine besondere Spezialität der Region sind die Leinölerdäpfel. Dafür werden gekochte Erdäpfel blättrig geschnitten, mit Rahm oder Milch ein wenig eingedickt, mit Salz, Pfeffer und Muskat gewürzt und mit Leinöl und nach Belieben auch mit gerösteten Zwiebeln vermischt.
Verkosten kann man die Leinölerdäpfel übrigens gleich im Anschluss an den Besuch im "Museum Mechanische Klangfabrik", denn im Museumsgebäude befindet sich auch ein Restaurant.
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