St. Pöltens Freie Bühne

20 Jahre Bühne im Hof

Am 1. April 1990 nahm unter der Leitung von Mimi Wunderer die Bühne im Hof in St. Pölten ihren Spielbetrieb auf. Kabarett, Tanz, Weltmusik, Literatur - kein Genre, das sich im Rahmen der Kleinkunst präsentieren lässt, hat in der Bühne im Hof gefehlt.

Lukas Resetarits

Ein regelmäßiger Gast auf der Bühne im Hof.

Alfred Dorfer, Lukas Resetarits, Andreas Vitasek, Dolores Schmidinger, Andrea Händler, Nadja Maleh, die Hektiker, Florian Scheuba, Robert Palfrader, Viktor Gernot... sie alle und noch sehr viel mehr Kabarettistinnen und Kabarettisten sind in den vergangenen zwei Jahrzehnten zu Gast bei Mimi Wunderer in der Bühne im Hof in St. Pölten gewesen. Am 1. April feiert das Veranstaltungszentrum für Kleinkunst, Tanztheater, Kindertheater und alternative Kultur sein 20-jähriges Jubiläum.

"Erfundene" Bühne

Die Bühne zählte zu einer der ersten Kulturinitiativen in Niederösterreich, deren künstlerisches Angebot sowohl sehr vielfältig als auch genreübergreifend war.

"Die Bühne ist nicht übernommen, sondern erfunden worden", so Mimi Wunderer. "Der Wunsch, außerhalb von Wien eine Kulturinitiative zu machen, war in mir, ich bin auch nach Niederösterreich gezogen. Eines Tages habe ich gehört, St. Pölten braucht eine Alterbnativbühne, eine Freie Bühne, mit regelmäßigem Programm. Das habe ich ernst genommen und dieses Vorhaben bis zum Ziel 1990 verfolgt."

Alternativtheater als Angebot

Mimi Wunderer, die Prinzipalin der Bühne im Hof, kam 1969 aus dem Iran nach Österreich. In Wien studierte sie unter anderem Kommunikationswissenschaft und entdeckte dank eines Nebenjobs ihre Verbundenheit zu Kabarett und Kleinkunst. Für acht Jahre leitet sie das Hernalser Stadttheater, die heute als Metropoldi bekannte kleinere Bühne des Wiener Metropols in der Hernalser Hauptstraße.

"Generell hat mir die Arbeit Spaß gemacht", sagt Wunderer. "Ich selbst komme aus einer sehr politischen persischen Familie." Die sozialkritischen Inhalte, die das Kabarett transportiert, haben ihr sehr gut gefallen "und ich wollte die Arbeit mit den Künstlern, die diese Themen verfolgen, weitermachen. Ich wollte stabile Inhalte vermitteln und meine eigenen Ideen in die Programmierung einbringen. Ich habe nicht gesagt, ich will eine Kabarettbühne gründen, ich wollte eine Alternativbühne haben, eine Bühne mit freien Inhalten. Ich wollte alles spielen können, was ich für notwendig gehalten habe. Und der Bogen reicht von Kabarett über Tanz bis Kindertheater."

In der Linzerstraße 18, wo heute die Bühne im Hof in St. Pölten zu finden ist, stand früher einmal eine Wäscherei. Im Innenhof des Hauses hatte man Stallungen untergebracht. Ende der 1980er Jahre wurde der Innenhof überdacht und die ersten Umbauarbeiten für das neue Veranstaltungszentrum in die Wege geleitet. In der Jubiläumsbroschüre der Bühne im Hof bezeichnet der amtierende Bürgermeister Matthias Stadler die Bühne als erstes kulturelles Hauptstadtprojekt. Die erste Veranstaltung fand am 1.April 1990 statt und wurde von den Menubeln, den damaligen Stierpreisträgerinnen Eva Dité, Jeanette Tanzer und Erika Deutinger, miteröffnet.

Dialog zwischen den Kulturen

Zusätzlich zu Jugendtheater, Tanz, neuen Theaterkonzepten und Kabarett wurde in der Bühne im Hof zu Beginn des neuen Jahrtausends auch der Dialog zwischen den Kulturen etabliert. Ein von dem Musikwissenschaftler Reinhard Gosch initiiertes und geleitetes Projekt, das sich den künstlerischen und intellektuellen Austausch der Kulturen zum Ziel gesetzt hat und heuer sein 10. Jubiläum feiert.

In seinem Büro der Kulturen entwickelt er Ideen für den interkulturellen Dialog. Zu den vom Dialog der Kulturen angeregten Veranstaltungen gehören Vortrags- und Gesprächsreihen, wie beispielsweise die Diskussion "Wer Armut und Gewalt verbreitet, erntet Hass und Terror" zwischen dem in Teheran geborenen Publizisten Bahman Nirumand und dem österreichischen Essayisten Franz Schuh. Aber auch der künstlerische Austausch nimmt im Büro der Kulturen von Reinhard Gosch einen hohen Stellenwert ein.

Aufklärung und Standpunkte

Für das Jubiläum der Bühne im Hof hat ihre Leiterin Mimi Wunderer keine spezielle Feier vorgesehen. Für sie ist das Programm der Saison 2010 Festakt. Einer der Höhepunkt war bereits der Auftritt von Georg Ringsgwandl, der neben Sigi Zimmerschied und Gerhard Polt schon seit der Eröffnung der Bühne immer wieder Gast im Haus in der Linzerstraße 18 ist.

Neben den Comedy-Hirten und Nadja Maleh wird auch das Ensemble Heilbutt & Rosen der Bühne ein Jubiläumsständchen singen.

"Mein persönlicher Geschmack ist politisches Kabarett", sagt Wunderer. "Weil wir Medien ausgesetzt sind, international angedockt sind, bekommen wir nur zu hören, was wir hören sollen. Kabarett übernimmt eine sehr wichtige Rolle und sorgt für Aufklärung und Standpunkte. Was mir nicht gefällt ist Vermischung von Comedy und Kabarett. Quatsch-Comedy und Imitationen gehören in das Fach von Komödianten und haben meiner Meinung nach mit kabarettistisch politischen Inhalten nicht sehr viel zu tun. Vor 15 Jahren war der erhobene Zeigefinger im Kabarett aus der Mode gekommen. Wir sind in unserer Kommunikation aber schon so weit, dass wir den erhobenen Finger wieder brauchen, damit wir die Dinge besser begreifen."

Anlässlich des runden Jubiläums kommt auch die nächste Ausgabe von "Kabarett direkt" aus St. Pölten. Am 19. März 2010 gastiert Viktor Gernot mit seinem aktuellen Solo "Grätznfest" in der Bühne im Hof. Gefeiert wird es am Freitag, ab 20:00 Uhr in der Bühne im Hof in St. Pölten und live im Programm Ö1 in der Sendung "Kabarett direkt".