Möglichkeiten der modernen Kieferorthopädie

07. Wenn Zähne aus der Reihe tanzen

Fast jedes Gebiss hat einige Zähne, die mehr oder weniger schief sind. Das heißt aber noch lange nicht, dass diese behandelt werden müssen. Nur wenn die Gesundheit der Zähne durch die Fehlstellung gefährdet ist, Schwierigkeiten beim Kauen und Sprechen auftreten oder ganz einfach eine Verschönerung des Gebisses gewünscht wird, ist eine Behandlung nötig.

Häufige Fehlstellungen
Die häufigsten Fehlstellungen sind die so genannten Rücklagen des Unterkiefers, die bei ungefähr 34 bis 35 Prozent der Patienten in Österreich auftreten. Etwa drei Prozent der Bevölkerung haben Deckbisse, das heißt, sehr steile obere Frontzähne mit einer sehr starken Überlappung der unteren Schneidezähne, und ungefähr zwei bis drei Prozent zeigen eine Überentwicklung des Unterkiefers beziehungsweise eine Rücklage des Oberkiefers.

Behandlungszeitpunkt
Der beste Zeitpunkt für den Behandlungsbeginn ist die so genannte zweite, späte Gebisswechselphase um das elfte Lebensjahr. Nur bei besonders schweren Fehlstellungen, wie etwa bei einem Unterkiefer-Vorbiss oder bei einem zu engen Oberkiefer mit gleichzeitiger Abweichung des Unterkiefers, beginnt die Therapie schon im Milchzahngebiss.

Bei Erwachsenen kann zwar die Kieferform nicht mehr beeinflusst werden, die Stellung der Zähne im Knochen aber schon. Dass immer häufiger auch bei Leuten weit jenseits des Teenager-Alters Zahnregulierungen gemacht werden, hat wesentlich mit der Entwicklung festsitzender Zahnspangen zu tun, die sich in Europa erst vor etwas mehr als dreißig Jahren zu verbreiten begonnen haben.

Festsitzende und abnehmbare Regulierungen
Mit abnehmbaren Zahnspangen lassen sich bei Kindern in der Wachstumsphase, wenn der Kiefer noch weich und formbar ist, die besten Erfolge erzielen. Im späten Wechselgebiss beziehungsweise im bleibenden Gebiss werden vorwiegend festsitzende Spangen verwendet. Die Dauer der Behandlung ist altersabhängig und individuell verschieden. Im Durchschnitt dauern aber kieferorthopädische Therapien zwei bis drei Jahre.

Bei der Behandlung mit festsitzenden Apparaturen kommen so genannte Bracket-Systeme zum Einsatz. Brackets sind winzige Blöcke aus Stahl, Keramik, Kunststoff oder aus kombinierten Materialien, die auf die Zähne geklebt und mit elastischen Drähten verbunden werden. Damit können Zähne in allen drei Raumebenen kontrolliert bewegt werden.

Brackets können sowohl an den Außenseiten der Zähne als auch an den Innenseiten befestigt werden. Die innenliegenden Brackets werden als Lingualbrackets bezeichnet und haben vor allem ästhetische Vorteile, da sie nicht sichtbar sind.

An der Abteilung für Kieferorthopädie der Wiener Universitätszahnklinik können die durch Zahnspangen ausgelösten Zahnbewegungen mit Hilfe dreidimensionaler Messverfahren im Labor simuliert werden. Dabei werden die tatsächlichen Druck- und Zugkräfte, die auf die Zähne einwirken, gemessen. Und das ist wichtig, denn wenn zu große Kräfte ausgeübt werden, kann es zu Abbauvorgängen an den Zahnwurzeln kommen, im schlimmsten Fall sogar zu Zahnverlust.

In den letzten Jahren kommen deshalb vermehrt so genannte selbstligierende Brackets zum Einsatz. Der hochelastische Draht, der durch diese auf den Zahnaußenseiten angebrachten Brackets führt, hält ohne Gummi- oder Metallligaturen und kann dem individuellen Fall angepasst werden. Durch flexible Verschlussmechanismen werden die horizontalen Haltekräfte um 70 Prozent reduziert. Das bedeutet, man kann mit viel kleineren Kräften zielgerichtete Zahnbewegungen durchführen, ohne die Reibung des Ligaturendrahtes im System zu haben.

Pflege von Zahnspangen
Wichtig für jede Art von Zahnspange ist die richtige Pflege. Herausnehmbare Spangen werden täglich mit Zahnbürste und Zahnpasta gereinigt. Die Säuberung festsitzender Apparaturen ist ein wenig aufwändiger. Brackets und andere Teile bilden Nischen, an denen sich Plaque leichter ansammeln kann. Gerade diese Stellen müssen deshalb besonders gründlich geputzt werden. Auch die Verwendung antibakterieller Mundspülungen ist ratsam.

Werden gravierende Fehlstellungen der Zähne nicht behandelt, kann das durchaus Folgen für die gesamte Gesundheit haben: Bei verstärktem Unterkieferwachstum, dem offenen Biss, dem Kreuzbiss und dem Tiefbiss können Muskel- und Kiefergelenksbeschwerden entstehen, die das Allgemeinbefinden erheblich beeinträchtigen.

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