Methoden und Ziele der Forschung
01. Was ist Tissue Engineering?
29. September 2010, 00:35
Beim Tissue Engineering werden lebende Zellen eines Organismus außerhalb des Körpers kultiviert, vermehrt und "bearbeitet", wie z. B. mit extrazellulären Komponenten biologischer oder synthetischer Art. Die daraus entstehenden Konstrukte werden dem Patienten wieder implantiert.
Gezüchtete Zellen, können - zumindest theoretisch - bei vielen Erkrankungen eingesetzt werden. Eine Möglichkeit z. B. wäre die Züchtung komplexer Organe (z. B. Leber) außerhalb des menschlichen Körpers. Eine Umsetzung dieser Vision ist jedoch in den nächsten Jahren nicht zu erwarten. Denn große Organstrukturen können nur dann entwickelt werden, wenn gewährleistet ist, dass nach der Implantation alle Zellen auch wirklich optimal mit Sauerstoff und Nahrung versorgt werden. Außerdem muss sich das gezüchtete Gewebe in den Organismus nahtlos einfügen. Und dahinter stehen höchst komplexe biologische Vorgänge, über die teilweise noch wenig bekannt ist.
Das Immunsystem wird überlistet
Die Vorteile eines Tissue-Engineering-Implantates bestehen darin, dass sie - im Gegensatz zu "fremden" Material wie z. B. Hüftimplantaten aus Metall oder Kunststoff - vom Immunsystem akzeptiert werden. Denn auf den Zell-Oberflächen eines Implantates befinden sich nur solche Proteine, die der Körper als seine eigenen erkennt und daher auch nicht als "Eindringling" sieht.
Differenzierung der Implantate
Ganz allgemein wird zwischen drei Arten unterschieden:
- xenogene Implantate - sie stammen von anderen Lebewesen wie z. B. Schweine-Herzklappen,
- allogene Implantate - sie stammen von einem Lebewesen gleicher Spezies wie z. B. bei Nieren, und
- autogene Implantate - sie stammen vom Erkrankten selbst.
Anwendungen beim Menschen
Am besten erforscht ist derzeit die Herstellung von vitalem Hautersatz, der vor allem bei Personen mit großflächigen Verbrennungen benötigt wird. Darüber hinaus können Knochen oder Knorpel gezüchtet werden, die in der Orthopädie bzw. der Zahn-, Kiefer- und Knochenchirurgie zur Anwendung kommen.
Von Zellkultur zum Tissue Engineering
Schon seit über 50 Jahre gibt es Methoden, Zellen aus tierischen oder menschlichen Gewebe- und Organteile zu isolieren und unter Kulturbedingungen am Leben zu erhalten. Meist werden die Zellen in Wachstum fördernden Medien kultiviert, um Zellvermehrung zu beschleunigen. Auf diese Weise lassen sich Zellen in beliebiger Menge gewinnen.
Beim Kultivieren in zweidimensionaler Richtung im Brutschrank besteht die Gefahr, dass Zellen während einer bestimmten Entwicklungsphase, der so genannten Proliferationsphase, wichtige Differenzierungseigenschaften verlieren. Daher versucht man in bestimmten Bereichen (z. B. bei der Kultivierung von Knochenzellen) ein dreidimensionales Trägergerüst zu Hilfe zu nehmen.
Derzeit werden im Rahmen des Tissue Engineerings vor allem zwei Konzepte verfolgt:
Die "Off the shelf"-Technik
Dabei werden natürliche oder synthetische Trägermaterialien mit allogenen, neonatalen Zellen (Fibroblasten, Keratinozyten, mesenchymalen Stammzellen) besiedelt und kultiviert.
Anschließend werden diese Biokomposits eingefroren und so (bis zu einem Jahr) haltbar gemacht. Diese Technik wurde in den letzten Jahren vor allem bei Hautersatzprodukten angewendet. Leider ist die Lebensdauer allogener Zellen (im Vergleich zu autogenen Zellen) geringer.
Kultivierung auf Trägergerüsten
Ein weiteres Konzept verfolgt das Ziel, autologe Zellen mit Hilfe unterschiedlicher "Scaffolds" ("Trägergerüste") zu kultivieren. Nach der Entnahme werden aus diesen autologen Zellen die benötigten gewebstypischen Zellen isoliert und vermehrt.
In Phase 2 werden sie auf einem biologisch abbaubaren Trägergerüst kultiviert. Dieser wird dann in den Hart- oder Weichteildefekt implantiert.
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