Strategie beim Tissue Engineering
02. Gewebezüchtung im Labor
29. September 2010, 00:35
Bei der Herstellung von funktionellen Geweben muss in mehreren Schritten vorgegangen werden: Zuerst erfolgt im Kulturgefäß eine Vermehrung der benötigten Zellen.
Danach werden diese vermehrten Zellen auf einer optimalen Gewebeunterlage aufgebracht. Dabei ist die Zellverankerung für die gewebetypische Differenzierung von entscheidender Bedeutung.
In weiterer Folge werden die Gewebeunterlagen (mit den Zellen darauf) in einen Träger, und dieser wiederum in einen so genannten Perfusionscontrainer eingesetzt. In diesen Containern können verschiedene Milieus erzeugt werden, je nachdem welche Zelltypen gezüchtet werden und welche Umgebung sie für die Vermehrung benötigen.
Die Zellen
Die Voraussetzung dafür, dass Zellen zur Behandlung von Gewebe- und Funktionsdefiziten überhaupt verwendet werden können, ist die genaue Kenntnis darüber, wie Zellen isoliert bzw. kultiviert werden können bzw. welcher Zusammenhang zwischen Kultivierungsbedingungen und Zellfunktion besteht. Das heißt: Voraussetzung für die Züchtung von Zellen im Labor ist die Grundlagenforschung.
Zellen können aus verschiedenen Bereichen entnommen werden, z. B. aus gesunden Arealen des zu behandelnden Gewebes oder aus ähnlichen Geweben. Die entnommenen Zellen müssen isoliert werden. Dies geschieht z. B. mit Hilfe von Enzymen. Hierbei kann es zu ungewollten Folgen kommen. So können sich bei diesem Vorgang z. B. die Zelloberfläche und die Rezeptoreneigenschaften verändern.
Weiters besteht die Möglichkeit, noch undifferenzierte Zelltypen wie z. B. mesenchymale Stammzellen zu kultivieren. Der Vorteil liegt darin, dass aus diesen Stammzellen verschiedene Gewebe entstehen können. Die Forschungen auf diesem Gebiet befinden sich aber noch im experimentellen Stadium.
Steuerung der Zellentwicklung
Die wahrscheinlich schwierigste Aufgabe beim Tissue Engineering ist Steuerung des zellulären Differenzierungsvorgangs.
Wenn z. B. Knorpelzellen gezüchtet werden, müssen sich diese - nachdem sie implantiert worden sind - an der richtigen Stelle verbreiten (z. B. im Kniegelenk), dort an der richtigen Stelle anhaften und genau jene Aufgaben übernehmen, die Knorpel im Kniegelenk eben erfüllen müssen. Diese Zellentwicklung muss bereits bei der Züchtung im Labor gezielt gesteuert werden.
Dabei können so genannte Regulatoren wie z. B. Wachstumsfaktoren eine Rolle spielen. Wie sie wirken hängt von mehreren Faktoren ab wie z. B. dem Aktivierungszustand der Zelle oder dem Milieu, indem die Zellen gezüchtet werden. Regulatoren können z. B. auf eine Matrix aufgebracht oder den Implantaten beigemengt werden. Welche Wirkungen Regulatoren (z. B. auf umliegendes Gewebe) haben können, ist in diversen Fachbereichen noch wenig erforscht.
Das Trägermedium
Ein wichtiger Punkt bei der Züchtung von Zellen ist die Wahl der geeigneten Zellunterlage. Diese muss mehrere Aufgaben erfüllen. Allen voran sollten die Zellen darauf haften bleiben und für die Zellen geeignete Lebens- und Vermehrungsbedingen bieten. Weiters sollte die Matrix den Organismus nicht schädigen. Im besten Fall wird sie nach einiger Zeit absorbiert und zurück bleibt nur mehr Gewebe. Geforscht wird mit natürlichen und mit künstlichen Biomaterialien.
Lebendkonservierung von Geweben
Bei Operationen im Kiefer- und Mundhöhlenbereich steht meist zu wenig Mundschleimhaut-Bindegewebe zur Abdeckung der Wunde zur Verfügung. Eine Möglichkeit diesen Mangel zu beheben, ist die Konservierung von Eigengewebe.
Dazu wird bereits einige Zeit vor dem geplanten Eingriff Mundschleimhaut entnommen und in einem Perfusionscontainer konserviert. Bis zum Operationstermin hat dann die Mundschleimhaut Zeit sich zu regenerieren. Während der Operation wird dann die konservierte Schleimhaut zur Abdeckung der Wunde genommen.
Auch in diesem Bereich hat das Tissue Engineering Einzug gehalten. Mit Hilfe einer körperverträglichen Matrix können Zellen im Labor vermehrt und danach implantiert werden.
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