Arzneimittel für Kinder unzureichend getestet

01. Stiefkinder der Pharmaindustrie

Arzneimittel werden in der Regel nicht speziell für Kinder entwickelt, sondern werden quasi im Neben- und Analogieschluss für eine Altersgruppe eingesetzt, bei der Besonderheiten der Wirkungen und Nebenwirkungen sowie spezielle Sicherheitsbedürfnisse bestehen.

Klinische Studien an Kindern
Konkret bedeutet dies, dass Medikamente bei Kindern überhaupt nicht getestet werden bzw. dass bestimmte Altersgruppen ausgespart werden. In Folge werden die Medikamente - aus der Notsituation heraus - auf eine nicht zugelassene Art angewendet. Ohne vorhergehende Tests sind ihre Dosierungen fragwürdig und Indikationen unklar definiert.

Die Durchführung klinischer Studien ist bei Kindern schwierig und bedarf einer besonders sorgfältigen Planung sowie einer besonderen Expertise auf Seiten der Untersucher. Demgegenüber stehen Pharmafirmen, die aufgrund des relativ geringeren Marktes für Kinder und des immensen Konkurrenzdrucks um die Mittelzuteilung für Studien an Erwachsenen kein besonderes Interesse an Studien in den kindlichen und jugendlichen Altersgruppen entwickeln.

Anreize für die Industrie?
Die Bemühungen anglo-amerikanischer Gesundheits- und Zulassungsbehörden, die Industrie stärker als bis jetzt in die Erforschung kindgerechter oder kindspezifischer Produkte einzubinden, sind bis jetzt aber wenig erfolgreich. Ohne entsprechende Gesetzgebung und Überwachung der Erfüllung kann kaum mit einer Umsetzung gerechnet werden.

Im Bereich der verpflichtenden Umsetzung spezifisch kindlicher Studien sind noch viele Fragen offen, die abzuklären die Industrie mit Nachdruck angehalten werden muss. Auf europäischer Ebene bewegen sich diese Aspekte nur sehr langsam, und eine neue Legislatur dazu ist nicht vor 2006 zu erwarten.

Erste Schritte für sichere Kindermedikamente
Bereits jetzt laufen internationale Verbunddaten und Netzwerke an, die über laufende Studien Auskunft geben. So erfreulich dies ist, so sehr muss man zugeben, dass das anzustrebende Ziel einer besonderen Stellung von Kindern in der Erarbeitung forschungsgesicherter Evidenz in der Anwendung von Arzneimitteln noch weit entfernt ist. Geschieht nichts oder zu wenig, so droht die Gefahr, dass Kinder à la longue einfach auf der Strecke bleiben.

Text: Manfred Götz

Die Online-Infomappe der Sendung Radiodoktor - Medizin und Gesundheit ist ein Service von:
Österreichische Apothekerkammer
Gesundheitsressort der Stadt Wien

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