Saldo, Freitag, 9:45 Uhr

Telefonieren im Internet

Fortschritt oder Modegag?

"Voice over IP" - Stimmenübertragung per Internetprotokoll - so heißt die neue Revolution in der Telefonie: Statt fix verdrahteter Postleitungen wird das wesentlich flexiblere Internet zum Telefonieren benutzt. Man braucht nur einen ultraschnellen DSL-Internetzugang.

Das kennen Sie: Das Telefon klingelt, Sie heben den Hörer ab und sprechen. So funktioniert das seit über 100 Jahren ohne wesentliche Änderungen. Jetzt aber kommt die echte Revolution. Sie heißt: "Voice over IP" - Stimmenübertragung per Internetprotokoll - und nützt statt der fix verdrahteten Postleitungen das wesentlich flexiblere Internet. Man braucht dafür nur einen ultraschnellen DSL-Internetzugang, und schon kann man nicht nur in Rekordgeschwindigkeit surfen, sondern auch gleichzeitig äußerst preisgünstig telefonieren und in die ganze Welt faxen.

Billiger bis gratis

Beim herkömmlichen Telefonieren wird für die gesamte Gesprächsdauer eine ganze Leitung zwischen den Gesprächpartnern reserviert. "Voice over IP" nutzt die Datenautobahnen des Internet wesentlich effizienter: Die Stimmen werden digitalisiert und dann, in kleine Datenpakete aufgeteilt, wie eine Art E-Mail über das Netz verschickt. Am anderen Ende werden die Pakete wieder zusammengesetzt und in Sprache zurück verwandelt.

Bei dieser Technik passen -zig Gespräche in eine Leitung, und das führt zu dramatisch niedrigeren Kosten, die dem Kunden in Form niedrigerer Grundgebühren und billigerer Minutentarife zugute kommen. Und untereinander plaudern die Kunden ein- und desselben Netzes sogar völlig gratis.

Die österreichischen Anbieter und Anwender

In Österreich werben derzeit drei große Anbieter um die fortschrittsgläubige Kundschaft: Telekom Austria, UTA und iNode. Besonders umworben werden Kunden aus dem Business-Bereich. Denn nahezu jedes Unternehmen unterhält heutzutage ein Datennetzwerk, aber zusätzlich auch ein Telefonnetzwerk. Deshalb liegt es nahe, Computeranwendungen und Telefonie in einem einzigen Netzwerk zu vereinen. Die Installation und Pflege eines separaten Telefonnetzes entfällt in diesem Fall.

Arbeitsplatztelefone werden mit einem Ethernet-Netzwerkanschluss ausgestattet, und schon kann man wie gewohnt telefonieren. Mehrere Standorte eines Unternehmens müssen dann lediglich noch durch eine Datenleitung miteinander verbunden sein. Dann sind firmeninterne Gespräche gratis, solange diese Datenverbindung innerhalb des Providernetzes bleibt.

Auch Auslandsgespräche sind unschlagbar billig. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass teure Telefonanlagen samt kostspieligem Service wegfallen. Erfolgreiche "Voice-over-IP"-Anwender in Österreich sind etwa AT&S Leiterplatten, die Raiffeisen Landesbank Vorarlberg, Springer Reisen, Volvo Austria oder der Grazer Magistrat.

Auch Vorteile für Privatnutzer

Natürlich lassen sich mit dieser Technologie auch im Privatbereich Kosten senken: Die privaten Provider bieten inzwischen DSL ohne Analog- oder ISDN-Anschlüsse an, so dass der herkömmliche Telefonanschluss gänzlich entfallen kann.

Ein zweites Argument pro "Voice over IP" sind die neuen Dienste. Gemeint sind Anwendungen, die erst durch die Zusammenführung von Telefon- und Datenverkehr in einem einzigen digitalen Netzwerk entstehen können. Sprachnachrichten, Faxe und E-Mails landen in einem gemeinsamen Posteingang; Videokonferenzen, Terminplanungen, Instant Messaging und Alarmsysteme - alles läuft dann über ein- und dasselbe Leitungsnetz.

Pioniergeist gefragt

Trotz der genannten Vorteile brauchen private Anwender der Internet-Telefonie allerdings noch einigen Pioniergeist. Denn "Voice over IP" ist technisch viel komplizierter als etwa das Herunterladen von Musik oder Filmen. Das Hauptgeschäft liegt daher derzeit noch im Business-Bereich. In Österreich nützt bereits ein Drittel der Top-500-Firmen die Telefonie via Internet und ein weiteres Drittel denkt über einen Umstieg nach. Das letzte Drittel schließlich weiß, dass das auf sie zukommt.