Auszeichnung
Jonathan Impett
29. September 2010, 00:35
Mirror-Rite
"Mirror-Rite" von Jonathan Impett ist eine Echtzeit-Komposition für Meta-Trompete, Computer und elektronische Instrumente. Das Instrument selbst nimmt jene Performance-Aspekte, die dem Trompete-Spielen schon innewohnen, und abstrahiert und dehnt sie so aus, dass sie
a) Musikmaterial für Kompositions-Zwecke und
b) Werkzeug zur Steuerung anderer Parameter werden.
Die erstellten Daten könnten dabei als eine Beschreibung einer umfassenderen Aufführungs-Situation gesehen werden, wobei der Klang der Trompete nur einen Blickpunkt darstellt.
Aufwertung von Spieler und Zuhörer
Ein zentrales Anliegen beim Entwerfen des Instruments war, eine enge und dynamische Verbindung zwischen dem Instrument, seinem Spieler und dem musikalischen Material zu ermöglichen, egal ob es sich dabei um musikalische "Vorlagen" aus dem Computer-Speicher oder Echtzeit-Aufführungsdaten handelt.
Wie bei den meisten erfolgreichen Instrumenten kann man Klang-Erzeugung und Klang-Kontrolle vollständig im Instrument integrieren - in diesem Fall durch die tatsächliche Einverleibung des Computers (und damit der Komposition) ins Instrument. Der Ausführende kann damit eine Direktheit und Spontaneität der Kommunikation aufrechterhalten, während er höhere Ebenen von Abstraktion und Formalisation, sowohl des strukturellen als auch klanglichen Materials, beibehält. Dies kann als ein Vorstoß in Richtung einer "Wieder-Aufwertung" nicht nur des Spielers und der Auftritt-Situation, sondern auch des Zuhörers gewertet werden.
Kontroll-Parameter
Mehrere durchgehende Kontroll-Parameter werden so eingesetzt, dass damit weder die Reichhaltigkeit des Instruments und seiner Spiel-Technik beeinträchtigt wird, noch dem Ausführenden fremdartige Techniken aufgesetzt werden; die meisten sind Standard in der üblichen Aufführungs-Praxis.
Neben der Information in Form der Noten umfassen die Aufführungs-Parameter Lautstärke (auf zwei Ebenen, um damit sowohl Instrumenten- als auch Atem-Töne mit einzubeziehen), Position in einem virtuellen Raum, Richtung und Geschwindigkeit der Bewegung, Neigung, Handdruck, Atemdruck, Ventil-Positionen und verschiedene Schalter.
Kompositions-Prozess
Das gesamte Material stammt direkt vom Ausführenden an der Meta-Trompete, einem Instrument, das sowohl physikalische als auch musikalische Aufführungsdaten liefert. Diese Informationen werden vom Computer verarbeitet; durch Veränderung und kontextuelle Logik der Komposition entsteht erst die eigentliche Komposition. Es gibt keine Partitur oder sonstige Vorlage. Noten werden Teil des Kompositions-Prozesses, wobei die Regeln dafür von den Noten selbst abgeleitet werden. Vorgänge initiieren dynamische Systeme und werden darin aufgenommen. Das Werk an sich wird dadurch zwar erfahrbar, aber nicht steuerbar.
"Mirror-Rite" könnte man als parallele Sequenzen von Ritualen in unbekannten Sprachen erleben, in denen jede Handlung des Ausführenden ein Teil davon wird. Anders gesagt: Eine spiralförmige Abfolge von Spiegel-Kabinetten unterschiedlichster Formen und Farben, die sich alle mit unterschiedlicher Dynamik bewegen.