Anerkennung

Marina Rosenfeld

Delusional Situation

Mesinai ist mit der New-Yorker Komponistin und Klangkünstlerin Marina Rosenfeld verheiratet, deren Einreichung "Delusional Situation" auch bei der heurigen Whitney Biennale in New York vertreten war. Ausgelegt für Play-back auf einem Mehrkanal-DVD-Audiosystem setzt das Stück das Multi-Speaker-System mit großem Erfolg ein. Die Elemente der Musik - viel davon entstammt Aufnahmen von Rosenfelds Sheer Frost Orchestra - waren unruhig und bewegten sich rund um das Klangfeld, um ein gleichsam mit Querschlägern gespicktes Audio-Drama zu entfalten.

Das Stück bezieht sich auf das Gedicht "Ich kenne dich" von Paul Celan und verwendet Samples von Gitarren-Licks, die auf Vinyl abgemischt und anschließend mit ProTools wieder zusammengesetzt wurden. Rosenfeld sagt, dass ihr Stück - ähnlich wie das Celan-Gedicht, in dem es um Wirklichkeit und Illusion geht - zu erklären versucht, dass der Ort des Hörens auf dieser Welt niemals etwas Feststehendes ist und auch das Gehörte keineswegs klar kommuniziert wird.

"Delusional Situation" - keineswegs nur ein Stück über die Bedeutung des Hörens - hinterfragt auf kraftvolle Weise, wie Menschen die konstruierte Wirklichkeit des Klanges erleben.

Für Whitney Museum geschaffen

Rosenfelds Surround-Sound-Installation "Delusional Situation" wurde für die Ausgabe 2002 der Biennial Exhibition des Whitney Museums in New York geschaffen und dort auch erstmalig ausgestellt. Sie beschreibt die DVD-A, eine 9-minütige Surround-Sound 5.1-Arbeit, als einen Bezug auf das Gedicht "Ich kenne dich" von Paul Celan, in dem die Textzeile vorkommt "Du - ganz, ganz wirklich. Ich - ganz Wahn".

Abgesehen davon, dass es ein Liebesgedicht ist, scheint mir 'Ich kenne dich' auch auf eine schöne Weise die problematische 'Situation' einer Person zwischen innerem und äußerem Bewusstsein, zwischen Innenwelt und Außenwelt zu beschreiben. Wo ist die 'wahre' Wirklichkeit? Dringt sie von außen in uns ein? Fließt sie aus unserem Inneren hinaus? In "Delusional Situation" habe ich versucht, dieses 'Problem' in eine Klangidee umzusetzen: Der Hörer ist in einer 'realen' Welt aus Klängen, er beobachtet sie zunächst aus der Mitte, dann plötzlich von der Peripherie, dann wieder von einem neuen Mittelpunkt aus und so weiter. Die Klänge aus Gitarrenfragmenten (gespielt von vielen Freiwilligen des Sheer Frost Orchestra ), die ich zunächst auf Vinyl neu gemischt und anschließend in Pro Tools auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt habe, beschreiben nicht eine Innenwelt, sondern eine äußere Welt, die nur unvollkommen hereingefiltert wird. In dieser Welt ist die Position des Hörers nicht festgelegt, genauso wenig wie die Bedeutung der 'Kommunikation' klar ist, die man hört.

Seit der ersten Aufführung der Komposition 1994 ist dieses Projekt von vielen verschiedenen Ensembles aufgeführt worden, die auf die von Rosenfeld erfunden Gitarrenimprovisationstechniken trainiert sind; es wurde 2001 auf der CD "The Sheer Frost Orchestra - Drop, Hop, Drone, Scratch, Slide & A For Anything" dokumentiert (Wien: Charhizma, 2001)