Reden wir übers Wetter

Farbloser Neutralismus

Teil 3: 1926

Der Österreichische Rundfunk des Jahres 1926 zeichnet sich durch ausgedehnte Wetter- und Wasserstandsberichte aus, verfügt aber merkwürdigerweise noch über keinen eigenen Nachrichtendienst. Nicht nur diese Tatsache hat den Kabarettisten Hermann Leopoldi zu seiner Parodie berühmten Parodie "Hallo, hallo hier Radio Wien" angeregt.

Im damaligen Jahresbericht heißt es: "Amtliche Mitteilungen und Kundmachungen, deren Verlautbarung von den Zentralbehörden angeordnet wird, sind im Sinne der Konzessionsurkunde unbedingt zu verlautbaren. Dem allgemeinen öffentlichen Interesse dienen hauptsächlich folgende Gruppen von Verlautbarungen:
Das Zeitzeiche der Wiener Universitätssternwarte, der Wetterbericht, Börsenberichte, die Marktberichte, behördliche Anordnungen bei besonderen Anlässen, der Kriminalrundspruch und die Wasserstandsberichte."

No politics

"Verlautbarungen politischen Inhalts sind ausgeschlossen", lautet die Maxime des Rundfunks in diesen Tagen. Neutralismus ist angesagt!

Für Oskar Czeija, den Gründer und 1. Generaldirektor des Rundfunks, gibt es aber auch noch einen anderen Grund, sich von politischer Information fernzuhalten: Die - aus Konkurrenzgründen - nicht gerade freundlich gestimmte Presse. Czeija stellt daher von Anfang an klar: "Das Wesentliche an der Presse ist das Kritische. Wir vom Radio beschränken uns aber nicht bloß auf das Mitteilen von Nachrichten, sondern wir achten auch darauf, dass dieselben unbedingt farblos und ohne jede Tendenz gebracht werden."

Parlamentarische Kritik von linken Abgeordneten, dass Orgelkonzerte Werbung für die Rechte sei, weil die Orgel ein christlich-soziales Musikinstrument sei, erklären diese strikte Neutralität.

Neue Ausstattung

Das Jahr 1926 brachte für den Rundfunk in Österreich ein großes Ereignis: Der alte 700 Watt-Sender im ehemaligen Kriegsministerium wurde durch einen Sender mit der 10-fachen Leistung ersetzt. Das war für damalige Verhältnisse stark und entspricht etwa der Leistung von 10 Mikrowellenherden. Der neue Sender wurde auf dem Rosenhügel in Wien errichtet. Das Studio befand sich in der Johannesgasse im 1. Wiener Bezirk. Und es gab sogar eine Leitung in die Staatsoper von wo aus man live übertragen konnte.

Neben den technischen Fortschritten und der ersten Direktübertragung aus der Wiener Staatsoper (man sendet Wagners "Meistersinger von Nürnberg"), hatte der Rundfunk aber auch noch andere Erfolge: Am 1926 erhält die RAVAG den Vorsitz im sog. "Weltrundfunkverband". Und dies war nicht zuletzt ein großer persönlicher Erfolg ihres unermüdlichen Gründers Oskar Czeija.

Hör-Tipp
80 jahre in 80 Tagen
ab Dienstag, 13. Juli 2004
täglich um 6:45 Uhr