Stress kann Sodbrennen deutlich verschlechtern

08. Wenn Psyche Symptome macht

Seit den 1970er Jahren werden auch mögliche Einflüsse der Psyche auf die Refluxkrankheit untersucht. In Studien konnte gezeigt werden, dass etwa die Hälfte der Probanden, die unter Stress standen, Refluxsymptome subjektiv deutlich stärker wahrnehmen als andere. Subjektiv deshalb, weil nur bei 20 Prozent auch ein wirklicher Anstieg der Magensäureproduktion nachgewiesen werden konnte.

Interessant war auch, dass eine gesteigerte Magensäureproduktion vor allem bei besonders "impulsiven" Personen gemessen wurde. Es liegt daher nahe, so die Meinung einiger Fachleute, dass auch die Persönlichstruktur eines Menschen eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der Entstehung des Refluxes spielt.

Reaktionen auf psychischen Stress

Bei anderen Experimenten wurden Probanden im Labor durch gezielte Befragungen in Stresssituationen gebracht, um mögliche Auswirkungen auf den Ösophagus untersuchen zu können. Bei einigen Personen kam es zu Kontraktionen des Schließmuskels zwischen Speiseröhre und Magen. Bei anderen wiederum führte die Situation zu einem kurzfristigen Druckanstieg am unteren Ösophagussphinkter, der sich danach wieder überdurchschnittlich schnell entspannte. Bei wieder anderen verstärkte sich die Kontraktion des Zwerchfellschenkels, der in der Folge eigentlich ein reduziertes Refluxgeschehen hervorruft.

Impulsiv und ängstlich
Neben Impulsivität und Ängstlichkeit scheinen noch andere Merkmale wie sozialer Rückzug, Depressivität oder Somatisierung in Zusammenhang mit einer Refluxkrankheit gebracht werden zu können. Eine Untersuchung des Psychologen Klaus Kamolz an 100 Refluxpatienten konnte zeigen, dass neben zum Teil signifikanten Unterschieden in der Persönlichkeitsstruktur auch unterschiedliche Stressverarbeitungsstrategien im Umgang mit alltäglichen Belastungen im Vergleich zwischen stresssensitiven und stressunspezifischen Refluxpatienten bestehen.

Stress verstärkt Reflux
Stresssensitive Patienten bevorzugen eine verstärkt aktive Belastungskontrolle, zeigen gehäuft aggressivere Tendenzen, verzichten eher auf soziale Unterstützung und weisen eine geringere Fluchttendenz vor Belastungssituationen auf. Seitens ihrer Persönlichkeitsstruktur nehmen sie sich verstärkt als leistungsorientiert wahr, empfinden jedoch gleichzeitig ein hohes Ausmaß an körperlichen Beschwerden und Beanspruchungen mit der Tendenz zu psychosomatischen Befindlichkeitsstörungen. Zusätzlich geben stresssensitive Refluxpatienten neben einer vermehrten und belastenderen Refluxsymptomatik auch weitere gastrointestinale Beschwerden an, welche jedoch nach einer erfolgreichen chirurgischen Therapie im Sinne einer Symptomverstärkung respektive Verschiebung in den Vordergrund treten. Auch konnte festgestellt werden, dass hinsichtlich des tageszeitlichem Auftretens (Tag-Nachtrefluxer) signifikante Unterschiede bestehen. Über 90 Prozent der stresssensitiven Refluxpatienten lassen sich als Tagrefluxer beschreiben.

Nicht "psycho-physiologisch"
Aufgrund dieser Befunde dürfte es sich bei der gastroösophagealen Refluxkrankheit um keine "psycho-physiologische" Erkrankung handeln, wie zumindest in der Vergangenheit tendenziell angenommen wurde. Diese Annahme beruht teilweise auf individuellen Beobachtungen und der Tatsache, dass Refluxbeschwerden bei Patienten mit psychiatrischen Diagnosen signifikant gehäuft auftreten. Auch wurde in der Vergangenheit der Zusammenhang zwischen einer Hiatushernie und psychiatrischen Diagnosegruppen thematisiert. Gesichert scheint jedoch die Annahme, dass die Refluxkrankheit bzw. deren Symptomwahrnehmung durch Aspekte wie Stress, emotionale Belastungen und bestimmten Persönlichkeitsmustern bei einem Teil der Patienten beeinflussbar ist. Dieses Wissen sollte daher in die medizinische Diagnostik und Therapie miteinbezogen werden.

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