Den Teufelkreis durchbrechen

11. Die Rolle der Psyche

Neben der ärztlichen Behandlung, Krankengymnastik und physikalischen Therapie hat die Psychotherapie eine zunehmende Bedeutung in der Behandlung von Rückenschmerzen. Dennoch reagieren Rückenschmerz-Patientinnen und -Patienten oft irritiert, wenn sie vom Hausarzt oder Orthopäden eine entsprechende Überweisung bekommen.

Häufig meinen diese Menschen, man würde ihre Schmerzen anzweifeln. Jedoch das Gegenteil ist der Fall. Denn, gerade chronische Schmerzen im Bereich der Lendenwirbel, im Nacken oder den Schultern führen häufig zu depressiven Zuständen. Umgekehrt haben diese Schmerzen oft einen psychologischen Hintergrund.

Stress erzeugt Schmerz - Schmerz erzeugt Stress
Die Auswirkungen und der Umgang mit der chronischen Rückenschmerz-Problematik sind immer individuell. Hier können bestehende psychische Störungen, wie Depressionen oder Angsterkrankungen, bereits zu einem erhöhten Belastungsniveau beitragen und den Umgang mit der Schmerzsymptomatik erschweren. Dabei unterscheiden sich Frauen und Männer in der Art und in Bewältigungsfähigkeiten im Umgang mit psychischen Belastungen und Stress.

Wenn Menschen unter Stress-Belastungen stehen - und dazu gehört auch die Stress-Belastung unter chronischen Rückenschmerzen zu leiden - treten verschiedene biochemische Veränderungen im Körper auf. Hierbei handelt es sich um Stressreaktionen, die sich evolutionär gesehen auf die Bereitschaft für Flucht oder Kampf bezogen hatten - nicht auf die heutigen Belastungen und Herausforderungen im Alltag.

Der Teufelskreis
Stress führt zur Erhöhung innerer Anspannung, die wiederum direkt mit der Muskelanspannung verknüpft ist. Ärzte sprechen hier auch von einem "Teufelskreis", da Muskelanspannung zu einer verstärkten Schmerzwahrnehmung führt. Die subjektive Schmerzverarbeitung wiederum löst Gedanken und Gefühle der Angst, Verzweifelung, Hilflosigkeit und Resignation aus. Letztendlich erhöht das wiederum die Anspannung, mit der Folge, dass sich die Schmerzwahrnehmung verstärkt bzw. die Patienten jetzt immer eingeengter auf ihre Schmerzen reagieren, andere Aktivitäten nicht mehr ausüben können und isolierter und zurückgezogener leben als zuvor.

Zudem verschlechtert sich unter der Anspannung auch die Blutversorgung, da die Blutgefässe sich verengen und die Muskeln nicht mehr optimal versorgt werden. Außerdem werden Stresshormone ausgeschüttet, die eine chronische Entzündungsreaktion in den betroffenen Bereichen auslösen.

Chronische Rückenschmerzen und Depressionen
Es ist bekannt, dass es einen Zusammenhang von chronischen Schmerzen und Depressionen gibt. Gerade bei schwer verlaufenden Depressionen werden vermehrt Schmerzzustände beobachtet (so genannte somatisierte Depression oder Somatisierungsstörungen).

Andererseits weiß man, dass Patienten in der Folge von Rückenschmerzen zusätzlich depressive Erkrankungen entwickeln können. Dabei konnte man nachweisen, dass Schmerzpatienten mit chronischen Rückenschmerzen weniger vom Neurotransmitter Serotonin ausschütten bzw. zur Verfügung haben. Menschen mit chronischen Stressbelastungen haben einen erhöhten Verbrauch von Serotonin. Es kommt zu einem Serotonin-Mangel.

Depression ist nicht gleich Depression
Es gibt Angststörungen, die sich in Schwindel, Kopfschmerzen und Pulsrasen auswirken - im Unterschied zur genuinen Depression, die sich in manisch und/oder depressiven Zustandsbildern äußert.

An erster Stelle steht bei einer von Schmerzen hervorgerufenen Depression die somatische Betreuung. Wenn man Schmerzen hat, muss man diese medikamentös behandeln. Erst dann wird die Psyche behandelt. Wichtig ist dabei natürlich das Gespräch, um heraus zu finden, wovor sich diese Patientinnen zum Beispiel fürchten, welche Ängste diese Zustände verursachen. Ein wichtiger Punkt ist auch, dass Frauen weniger egoistisch sind als Männer. Ihnen wäre zu raten, die Zügel etwas schleifen zu lassen, Freiräume zu schaffen - ohne schlechtes Gewissen zu haben.

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