Mitte des 19. Jahrhunderts

02. Idee und erste Entwicklungen

1861 veröffentlichte Horace Dobell, ein Spezialist für Lungenerkrankungen, eine Reihe von Empfehlungen. Im Zentrum stand die Aufforderung an seine Kollegen regelmäßig alle Menschen zu untersuchen, auch wenn diese von sich aus keine medizinische Hilfe in Anspruch genommen hätten. Er betonte, dass die Prävention von Krankheiten mindestens so wichtig sei, wie die Behandlung vorhandener Leiden.

Die Idee regelmäßige Routineuntersuchungen an Gesunden vorzunehmen war damals sehr ungewöhnlich. An sich konnten sich ja nur wohlhabende Menschen regelmäßige Arztkonsultationen leisten. Dennoch wurde Dr. Dobells Idee, zwar nicht in Großbritannien, aber in den USA und anderen Ländern rasch aufgegriffen. Es gab auch viel Interesse, die gesammelten Daten aus den Untersuchungen wissenschaftlich auszuwerten.

Beginn regelmäßiger Untersuchungen
1900 im Rahmen der jährlichen Konferenz der amerikanischen Ärztegesellschaft machte George M. Gould den Vorschlag die jährliche Kontrolluntersuchung zu etablieren. Seine Argumentation erschien schlüssig: Bauern überprüfen den Stand ihrer Herden, Geschäftstreibende ihre Warenlager etc. Also sei es nur vernünftig in der Medizin ebenso eine kontinuierliche Bestandsaufnahme des Gesundheitszustandes der Bevölkerung durchzuführen.

Ein weiteres Interesse lag darin, die Ursache von Krankheiten zu verstehen, um diese entweder verhindern oder besser behandeln zu können. Goulds Intentionen waren optimistischer und humanistischer Natur. Goulds Vision war die jährliche oder zumindest fünf-jährliche Erfassung einer Reihe von Daten über jede Person, von der Geburt bis zum Tod.

Eine Idee findet Anklang
In der Folge waren es dann die amerikanischen Lebens- und Krankenversicherungen, die aufgrund ihrer Gewohnheiten erst nach medizinischen Untersuchungen die Prämien festzulegen begannen, ihren Kunden regelmäßige Untersuchungen zu empfehlen.

Als dann erstmals die gesammelten Daten ausgewertet wurden, zeigte sich, dass jene Menschen, die sich diesen regelmäßigen Untersuchungen unterzogen, seltener erkrankten und später starben als dies versicherungsmathematisch vorausgesagt wurde.

Der Grund dafür ist folgender: jene Gruppe von Menschen, die die Zeit, das Verständnis und die Konsequenz aufbringen, regelmäßig medizinische Kontrollen in Anspruch zu nehmen, ist ein positiv selektierte Gruppe von Gesunden!

Zur damaligen Zeit war es aber naheliegend Ursache und Wirkung umzudrehen!
So kam es zu dem Mythos, dass Vorsorgeuntersuchungen unumstritten statistisch eine positive Wirkung haben.

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Dann übernahmen die Arbeitgeber in den USA dem Beispiel der Versicherungen folgend, regelmäßige Routineuntersuchungen für ihre Angestellten. Hier waren die Ziele, das Allgemeinwohl der Arbeitnehmer zu verbessern und somit deren Effizienz und Produktivität zu erhöhen.

Ein weiterer Grund war die Möglichkeit sich vor Kompensationszahlungen zu schützen. Denn durch Untersuchungen konnten die Arbeitgeber bereits bestehende Erkrankungen der Arbeitnehmer feststellen, die anderenfalls auch als durch die Arbeit verursachte Schäden hätten gelten können.

Um 1950 wurden Manager drei Tage lang in Spezialkliniken auf "Herz und Nieren" untersucht.

Neben den pekunären Interessen der Arbeitgeber steckte hinter diesem Trend aber auch der medizinische Pioniergeist dieser Epoche, die Hoffnung und der Glaube, dass neue Technologien auch viele gesundheitliche Probleme lösen können.

Zusammenfassung
Die Hauptgründe warum sich Routineuntersuchungen in den USA durchgesetzt haben sind folgende:

  • Wissenschaftliches und humanitäres Interesse daran, die Wahrheit über Krankheitsursachen und Krankheitsprävention zu erfahren
  • Die Praxis von Lebens- und Krankenversicherungen, mit wiederholten Untersuchungen der Versicherten das finanzielle Risiko zu minimieren
  • Das Bestreben der Arbeitgeber, diese Untersuchungen dazu zu verwenden, um Entschädigungszahlungen zu verhindern und eine hohe Produktivität ihrer Angestellten zu gewährleisten
  • Die Notwendigkeit für die Ärzte diese Tests durchzuführen, um zu verhindern, dass die Regierung ihre Führungsrolle im Gesundheitsbereich anzweifelt und andere Strategien entwickeln könnte
  • Werbekampagnen, die das Ansehen von Vorsorgeuntersuchungen in der Bevölkerung anhoben
  • Die Notwendigkeit für die Krankenversicherer, den unkontrollierten Zugang zu Gesundheitsuntersuchungen in kontrollierte Bahnen zu lenken, um die Kosten im Zaum zu halten.

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