Die ersten Versuche

01. Die Geschichte der Hormontherapie

Unter Hormonersatztherapie (HET) (engl. hormone replacement therapy / HRT) versteht man die Anwendung von Hormonen zur Behandlung von Beschwerden, die durch einen Hormon-Mangel-Zustand bedingt sind.

Im Jahr 1960 wurden erstmals Östrogen-Präparate als Behandlungskonzept zur Therapie von Beschwerden im Rahmen der Wechseljahre ausprobiert. Nur zehn Jahre später wurde der Zusammenhang zwischen der Einnahme von Östrogenen und einer Zunahme von Gebärmutter-Karzinomen beobachtet.

1975 wiesen Daten darauf hin, dass Progesteron einen schützenden Effekt auf die Gebärmutterschleimhaut ausüben könnte. Diese Erkenntnis führte dazu, dass Anfang der 1980er Kombinationspräparate aus Gestagen und Östrogen-eingeführt wurden, um eben das Risiko für die Entstehung von Gebärmutterkrebs zu verringern.

Der "große Clou" - schützen Hormone das Herz?
Mitte der 1980 gab es plötzlich Hinweise darauf, dass die Einnahme von Hormonen das Risiko für Herzkreislauferkrankungen günstig beeinflusst - einer der vielen Irrtümer.

Damit war damals klar: Eine Hormonersatztherapie bietet für die meisten Frauen einfach einen umfassenden Schutz. Somit war das Konzept des präventiven Einsatzes von Hormonen geboren.

Ewige Jugend: Jungbrunnen Hormone
Ausgehend von den USA wurde die Hormonersatztherapie auch in Europa vermehrt als ultimative Lifestyle-Behandlung angepriesen. Unter vielen Gynäkologen und Gynäkologinnen machte sich geradezu eine Goldgräberstimmung breit. Die Geschäfte mit dem Versprechen der ewigen Jugend liefen prächtig.

Auch die Medien berichteten ungebremst über die angeblich wundersamen kosmetischen Effekte dieser "Jungbrunnen-Hormone" auf die Haut. Tatsächlich gab es damals und gibt es bis heute keine wissenschaftliche Studie, die diesen Effekt belegen würde.

Erste Verdachtsmomente
Ende der 1980er verdichteten sich die Verdachtsmomente, dass die Hormoneinnahme ein erhöhtes Brustkrebsrisiko nach sich zieht. Doch die meisten gynäkologischen Fachgesellschaften sahen die vermeintlich zahlreichen Vorteile, vor allem die Schutzwirkung gegenüber Herzkreislauferkrankungen, als so bedeutsam, dass nach wie vor die Hormoneinnahme für beinahe jede peri- und postmenopausale Frau empfohlen wurde.

Studien sollen Beweise liefern
1996 wurde die WHI-Studie (Women’s Health Initiative Study) initiiert.
Zwei Jahre später wurden die Ergebnisse der HERS-Studie (Heart and Estrogen/Progestin Replacement Study) veröffentlicht und es kam zum ersten Paukenschlag: Bei Frauen nach einem Herzinfarkt können Hormone einen erneuten Infarkt nicht verhindern. Ganz im Gegenteil - zu Beginn der Hormontherapie steigt das Risiko für einen zweiten Infarkt sogar an. Außerdem zeigten die Ergebnisse dieser Studie erstmals deutlich, dass auch das Risiko für venöse Thrombosen erhöht ist.

Dennoch stieg die Zahl der Hormon-Verordnungen weiterhin an, sowohl in den USA als auch in Europa.

Die weltweite Ernüchterung
2002 zeigten die Zwischenergebnisse der WHI-Studie, dass erstens jene Frauen, die mit einer Östrogen-Gestagen-Kombination behandelt wurden, ein erhöhtes Brustkrebsrisiko hatten und zweitens der schützende Effekt auf das Herzkreislaufsystem nicht vorhanden war.
Aus ethischen Gründen wurde dieser Arm der Studie sofort abgebrochen und die Ergebnisse wurden veröffentlicht.

In Österreich wurden in der Folge erbitterte Debatten über die Aussagekraft dieser Studie geführt. Befürworter der Hormontherapie kritisierten verschiedene Studienparameter, wie die verwendeten Hormonpräparate, das Alter der Studienteilnehmerinnen etc. und zweifelten die Ergebnisse und die Aussagekraft der WHI-Studie an.

In den letzten Jahren beruhigten sich die Gemüter zusehend und die mittlerweile eher strikten Empfehlungen für den Einsatz der Hormontherapie sind weitgehend akzeptiert,

Auch in den USA kam es zu einem deutlichen Rückgang von Hormon-Verschreibungen. 2007 wurde in den USA festgestellt, dass die Häufigkeit von Brustkrebs abnimmt. Diese Tatsache wird damit in Zusammenhang gebracht, dass eben weniger Frauen eine Hormontherapie gegen Wechselbeschwerden einnehmen.

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