von Chris Pichler
Romy Schneider - Zwei Gesichter einer Frau
Dem überaus wechselvollen Leben der Schauspielerin Romy Schneider, die Zeit ihres Lebens Tagebuch geführt hat, spürt Chris Pichler auf Grundlage dieser Aufzeichnungen sehr emotional, aber auch sehr präzise und mit großem Respekt nach.
8. April 2017, 21:58
Schauspielerin, nicht nur dem Pass nach
Die Schauspielerin, Autorin und Regisseurin Chris Pichler zeichnet in diesem Monolog, der nach ihrem Theaterstück "Romy Schneider - Zwei Gesichter einer Frau" als Hörstück entstanden ist, das überaus wechselvolle Leben der Romy Schneider sehr emotional, aber auch sehr präzise und mit großem Respekt nach. Als Grundlage dafür dienten Pichler die 1989 unter dem Titel "Ich, Romy. Tagebuch eines Lebens" im Münchner Langen-Müller Verlag erschienenen Aufzeichnungen der Schauspielerin, die Zeit ihres Lebens Tagebuch geführt und unzählige Briefe geschrieben hat.
Austausch mit Heinrich Böll
Eine der wohl ergreifendsten und emotionalsten Szenen dieser Produktion ist vielleicht jene, in der Schneider während der Dreharbeiten zu "Gruppenbild mit Dame" an den Autor der Romanvorlage, Heinrich Böll, schreibt. In diesem Brief beschreibt sie ihre Befindlichkeiten und bittet den Schriftsteller, der nicht zuletzt für diesen Roman den Nobelpreis verliehen bekam, um ein Treffen, um sich mit ihm auszutauschen.
Romy Schneider beschreibt ihre Probleme mit Öffentlichkeit und die Probleme, die die Öffentlichkeit mit der Wahrnehmung ihrer Person hat. Und sie beschreibt ihre Verzweiflung, das Bild von ihr, das sich im öffentlichen Denken festgesogen hat und wie sehr sie darunter leidet, dass sie ausschließlich als "die Diva", "der Star", als "Bild" wahrgenommen wird. Pichler zeigt in dieser Szene, die bereits die Spätphase Schneiders nachzeichnet, die tiefe Verzweiflung einer Frau, die immer wieder bloß auf ein Gesicht, ihre Schönheit, den Erfolg reduziert wird, ihre Einsamkeit. Ein Gespräch zwischen der Schauspielerin und dem großen Autor der deutschen Nachkriegsliteratur fand dann übrigens tatsächlich am 5. Dezember 1976 statt.
Tagebuch eines Lebens
Romy Schneider schrieb bereits 1953, im Alter von 15 Jahren, in ihr Tagebuch: "Ich muss unbedingt Schauspielerin werden, ich muss!" Und dieser Wunsch sollte umgehend in Erfüllung gehen: noch im selben Jahr debütierte sie - übrigens gemeinsam mit Götz George - in dem Film "Wenn der weiße Flieder wieder blüht". Bereits zwei Jahre später gelang ihr mit dem ersten Teil der Sissi-Trilogie an der Seite von Karlheinz Böhm der internationale Durchbruch. Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte.
Es folgten die Übersiedlung nach Paris, Dutzende von zumeist anspruchsvollen Filmen, bedeutende Regisseure, mehrere Ehemänner, Schicksalsschläge, der Tod ihres Sohnes David, private Katastrophen und Leid. "Ich kann nichts im Leben, aber alles auf der Leinwand", urteilte Romy Schneider über sich selbst. Vermutlich war es gerade ihre Verletzlichkeit, die unmittelbare Nähe von Erfolg und Zerstörung, die das ehemalige süße Kaisermädel zur Ikone werden und genau daran, der permanenten Öffentlichkeit und dem permanenten Wechselspiel zwischen Gefühlsausbruch und Rückzug, zerbrechen ließen. Im Mai 1982 starb Romy Schneider, 44-jährig, in Paris. Im Totenschein ist Herzversagen als Todesursache angegeben.
Zur Autorin
Geboren wurde Chris Pichler Linz an der Donau, Oberösterreich. Nach der Matura am naturwissenschaftlichen Bundesrealgymnasium Wels nahm sie ihr Schauspiel-Studium am Konservatorium der Stadt Wien auf und schloss es mit einem Diplom ab. Nach ihrer Ausbildung folgte von 1994 bis 1998 ein Engagement am Deutschen Nationaltheater Weimar, 1999 bis 2004 war sie ständiger Gast am Wiener Volkstheater, in der Saison 2004/05 spielte sie am Wiener Theater in der Josefstadt, seit 2007 ist sie am Berliner Ensemble engagiert.
Neben ihren Theaterengagements war Pichler in zahlreichen Fernseh- und Kinoproduktionen zu sehen und wirkte in unzähligen Literatursendungen von Ö1 und Hörspielproduktionen mit. 1998 erhielt sie den Karl Skraup-Preis für ihre Gestaltung der Rolle der Marianne in Ödön von Horváths "Geschichten aus dem Wienerwald". In den letzten Jahren trat neben die Schauspielerei auch ihre Tätigkeit als Autorin und Regisseurin. Chris Pichler lebt und arbeitet derzeit in Wien und Berlin.
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Hör-Tipps
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Die Hörspiel-Galerie, jeden Samstag, 14:00 Uhr
Buch-Tipp
Renate Seydel (Hg.), "Ich, Romy. Tagebuch eines Lebens", Langen-Müller Verlag