von Egon A. Prantl

JOHN (wayne interessiert das schon)

Westernheld John Wayne reitet wieder! Egon A. Prantl lässt den 1979 verstorbenen Schauspieler in Begleitung von Billy the Kid auf der Suche nach dem richtigen Heldentod durch etliche Hollywood- und Non-Hollywood-Filme reiten.

"Zur Hölle damit!"

John Wayne reitet wieder, aber wen interessiert das heutzutage noch? - Ganz offenbar zumindest den Westernfan und Innsbrucker Autor Egon A. Prantl. Immerhin lässt er den 1979 verstorbenen Schauspieler, der ab den 1950er Jahren mit seiner Leinwandpräsenz das Bild des amerikanischen Patrioten wie kein anderer prägte, akustisch wieder auferstehen, um ihn durch ein gerüttelt Maß an Hollywood- und Non-Hollywood-Filmen reiten zu lassen.

Heldentod in Fort Alamo

John Wayne, oder in der vorliegenden Produktion richtiger: JOHN (wayne interessiert das schon) ist nach wie vor auf der Suche nach dem ihm gerecht erscheinenden Heldentod in Fort Alamo. Ein Ort an dem er 1960 schon einmal gestorben ist: Wayne verkörperte in "Alamo", einem opulent inszenierten Film über den Freiheitskampf der Texaner gegen die damalige mexikanische Obrigkeit um 1836, die Rolle des David Crockett.

Die Rolle jenes David Crockett, der nach der Sage gemeinsam mit anderen "Helden" der amerikanischen Geschichte, wie etwa James Bowie, William Travis und circa 190 anderen Unbekannten, in der Schlacht um das Fort "heldenhaft" gefallen ist. Wayne hat in diesem Filmepos, in dem er nicht nur eine der Hauptrollen verkörpert, sondern mit dem er auch seine einzige Regiearbeit vorgelegt hat und bei dem er auch als Produzent agierte, versucht, seine Sicht des amerikanischen Helden darzulegen.

Lebenswerk des Filmhelden

In sehr ironischer Art und Weise hat der Autor genau dieses Herzstück des Lebenswerkes des realen John Wayne als Grundlage für sein Hörstück benutzt. Prantl stellt den Western- beziehungsweise Filmhelden, der ab einem bestimmten Zeitpunkt vermutlich gar nicht mehr realisierte, dass er sich seine Chimären aufgebaut hatte, in den Kontext, der ihm historisch auch gebührt: John Wayne war überzeugter Republikaner, und das am rechten Rand der rechten US-Partei.

Er kokettierte im Jahr 1968 sogar ernsthaft mit einem Angebot der texanischen Republikaner, höchstselbst als Präsidentschaftskandidat aufgestellt zu werden. Nicht unbedingt zum Schaden der restlichen Welt verzichtete er jedoch auf diese Nominierung, da er in einem Anflug von Realismus nicht dachte, dass ein Schauspieler im Weißen Haus in Washington reüssieren könnte (… allein, die Welt wurde 1980 durch Ronald Reagan, den begnadet etwas weniger begabten B-Movie-Schauspieler, für acht Jahre lang leider eines Schlechteren belehrt). Jedenfalls, ebenso wie Wayne politisch als erzkonservativer Hardliner galt, stellte er auch in seinen Filmen meistens den raubeinigen, den traditionellen Wertvorstellungen der US-Pionierzeit verpflichteten "Helden" dar.

Ritt durch den Weste(r)n

Der Film "Alamo" wurde 1961 zwar mit einem Oscar ausgezeichnet, floppte jedoch an den Kinokassen. Und so ist es nur konsequent, dass Prantl seinen JOHN (wayne interessiert das schon) durch die Filmgeschichte geistern lässt, immer auf der Suche nach "Heldentum" und "Heldentod". Auf seinem scharfen Irrritt bekommt er vom Autor einen weiteren berühmten Westernhelden als Begleiter zur Seite gestellt: Immerhin ist es niemand geringerer als Billy the Kid, ein aus heutiger kriminologischer Sicht betrachtet ebenso banaler wie brutaler Serienmörder.

Eröffnet wird diese überaus amüsante Rundreise durch "JOHN (wayne interessiert das schon)" mit den bezeichnenden Worten:

Ich war John, legendär, und niemals unrasiert. Ob am "Red River", in "Rio Bravo" oder im "Fort Apache". Ich stehe am Rand des Westens und rede mit den Toten Nonsens. Alles Outlaws und Gesetzesbrecher. Der Stern des Gesetzes ist eingebrannt in mein Hirn.

Kurzerhand reitet er ein in den im selben Jahr in einem Bauerndorf in Mexiko spielenden Streifen "Die glorreichen Sieben". Dort wird er aber leider von Yul Brynner und Steve McQueen umgehend der Szene verwiesen. Denn in diesem Film hat Wayne eindeutig nichts verloren. Aber unverdrossen setzt der "harte Kochen", natürlich mit dem Verbrecher Billy the Kid als eine Art Sancho Pansa an seiner Seite, seine Suche nach dem geliebten Alamo fort.

Amerikanische Politik

Unversehens landet er bei seinen Lieblingsfeindbildern: den eher liberal und demokratisch gesinnten Fondas. Ein guter Grund für JOHN (wayne interessiert das schon), seinem Begleiter eine Moralpredigt darüber zu halten, dass alles "Linke" zum Gesindel gehört: Die Liberalen, die US-Demokraten, und allen voran natürlich die Kommunisten.

Und flugs landet der ruhelose und nach wie vor todessehnsüchtige JOHN (wayne interessiert das schon) mit tiefem Schaudern sogar noch in Szenen diverser Italo-Western, also schon wieder in den falschen Filmen. Am Ende jedoch, endlich, endlich, kommt er in der Nähe des "Fort Alamo" an. Er weiß, dass er der weiße, untadelige, harte, echte Amerikaner ist. Und er hat seinen Hofnarren an seiner Seite. Der teilt ihm allerdings noch zeitgerecht mit, dass ihn Banken weitaus mehr interessieren und JOHN (wayne interessiert das schon) sich gefälligst allein in die Schlacht um Fort Alamo werfen soll.

Endlich im richtigen Film

Im großen Finale ist JOHN (wayne interessiert das schon) endlich im richtigen Film: Er reitet ein, in den Kampf um ein verlorenes Fort. Patriotisch wie der echte John Wayne wirft er sich in den Kampf gegen den verhassten mexikanischen General Santa Anna, um das "echte" Amerika zu retten, um zu sterben. Er ignoriert sogar seine Begegnung mit einer faszinierenden Frau: Yvonne de Carlo.

Nichts mehr hält ihn davon ab, den "echten" Amerikaner vorzustellen und das Land vor den Übergriffen aller unpatriotischen Kräfte zu retten. Gemeinsam mit 187 anderen Selbstmördern begibt er sich in die Schlacht, JOHN (wayne interessiert das schon) kämpft, endlich im richtigen, in seinem Film, in der Rolle des David Crockett, um zu fallen, wie sein Vorbild. Nur: Der reale David Crockett ist niemals in dieser Schlacht vom 6. März 1836 gefallen …

Egon A. Prantl hat mit dieser Reise durch die Kinogeschichte, in der Regie Martin Sailers, ein überaus amüsantes Portrait geschaffen. Er gibt einen sehr tiefen Einblick in die psychische Struktur des "Paradeamerikaners" und "echten" Westernhelden, dem alles Unamerikanische natürlich weltfremd zu sein hat.

Zum Autor

Geboren wurde Egon A. Prantl 1947 in Innsbruck. Er lebt und arbeitet in Innsbruck und ist Verfasser zahlreicher Essays, Short-Stories und Hörspiele. Auch Literatur-Performances, Videos und dramatisierte Lesungen gehen auf seine Rechnung. Prantl ist Lehrbeauftragter an der Universität Innsbruck. 1982 teilte Hans Weigel den ihm verliehenen Staatspreis für Kulturpublizistik mit Prantl, 1983 erhielt Prantl den Förderungspreis der Republik Österreich für Literatur.

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