Die ersten Hörspielsendungen
01. Die Anfänge
30. März 2017, 17:10
Das erste europäische Hörspiel wurde am 15.1.1924 von der BBC gesendet. "A Comedy of Danger", ein "listening play" von Richard Hughes. Den Ort des Geschehens verlegte der Autor in einen dunklen Bergwerksschacht. Die Reduktion des dramatischen Geschehens auf die akustische Ebene wurde bereits im allerersten Hörspiel durch die Rahmenbedingungen klar definiert. Im selben Jahr, 1924, ging auch das erste deutschsprachige Hörspiel auf Sendung, Hans Fleschs Originalhörspiel "Zauberei auf dem Sender".
Theater und Radio
Am 1.Oktober 1924 nahm auch die RAVAG, die Österreichische "Radio-Verkehrs-AG", ihren Sendebetrieb auf. Und bereits wenige Wochen später, am Allerseelentag 1924, wurde das erste wortdramatische Werk gesendet, eine Bearbeitung einer 500 Jahre alten Dichtung von Johannes von Saaz mit dem Titel "Der Ackermann aus Böhmen". Es folgten weitere Bearbeitungen, etwa Schillers "Kabale und Liebe", eine Szene aus "Maria Stuart", oder ein Zyklus von Gespenstergeschichten.
Im Übrigen waren die Theaterleute ursprünglich gar nicht begeistert von den Möglichkeiten, die das neue Medium bot. Man war skeptisch. Und fürchtete überdies Konkurrenz. Die ersten Literaturbearbeitungen ließen sich nur schwer besetzen, gelegentlich mussten Schauspieler zwei oder mehrere Rollen übernehmen. Erst 1925 konnte Entwarnung gegeben werden. "Die RAVAG freut sich," hieß es in einer offiziellen Mitteilung, "den Rundspruchteilnehmern mitteilen zu können, daß das Auftreten von Künstlern der Staatstheater bei den Darbietungen der RAVAG auf Grund einer Vereinbarung mit der Bundestheaterverwaltung ab 1. November 1925 wieder ermöglicht wurde." (Vgl. Viktor Ergert: 50 Jahre Rundfunk in Österreich, Bd.I. Residenzverlag 1974).
Technik und Politik
Aufzeichnungen aus der Frühgeschichte des Hörspiels sind bedauerlicherweise kaum bis gar nicht erhalten. Aufgrund des Fehlens geeigneter Tonträger wurden Hörspiele live gesendet. Die Regisseure dirigierten mit Hilfe von Tafeln das Geschehen, Lautstärkenunterschiede wurden durch die Distanz zu den Mikrofonen geregelt. Doch auch den ersten auf Tonträgern konservierten Arbeiten war nur eine vergleichsweise kurze Lebensdauer beschieden. Die Wachsplatten, auf denen Rundfunksendungen mitgeschnitten wurden, hielten nicht allzu lange stand. Nur ganz wenige Produktionen konnten gerettet und kopiert werden. Allerdings verschwand das Hörspiel bald nach seinen vielversprechenden Anfängen in der politischen Versenkung. Mit der Übernahme der Rundfunkanstalten durch die Nazis verliert das Hörspiel an Bedeutung. Der Rundfunk wurde zum Propagandamedium. Künstlerische, formale und inhaltliche Freiheit, wie das Hörspiel sie fordert, stand im Widerspruch zu den propagandistischen Zielen der Nationalsozialisten.