Im Klartext: Der Wahlkampf

Betrachtungen zum Wahlkampf und zur Zeit danach. Es diskutierten: Hannes Androsch (SPÖ), Elisabeth Gehrer (ÖVP), Doris Pollet-Kammerlander (Die Grünen), Hilmar Kabas (FPÖ) und Herbert Haupt (BZÖ) bei Klaus Webhofer.

Dieser Wahlkampf wird von Populismus dominiert, manche befürchten gar, dass er als "Wachtelei-Wahlkampf" in die Geschichte eingehen könnte. Wieder einmal wird viel versprochen, Wahlzuckerln werden verteilt, große Hoffnungen gemacht. Gleichzeitig nimmt die Politikverdrossenheit in Österreich zu - wen wundert’s, wo doch Politik von vielen Wähler/innen nur mehr als fortwährender Streit wahrgenommen wird und man konstruktive Ansätze (z.B. Maßnahmen gegen die Teuerung oder eine Gesundheits- und Steuerreform) vergeblich sucht. Dementsprechend hoch ist knapp zwei Wochen vor der Wahl die Zahl der unentschlossenen Wähler/innen - laut aktuellen Umfragen etwa 40 Prozent. Davon abgesehen, dass es bei der Nationalratswahl 2008 Neuerungen gibt (Wahlalter 16 Jahre, 5-jährige Legislaturperiode): Was unterscheidet den aktuellen Wahlkampf von vergangenen? Wird sich nach der Wahl überhaupt etwas ändern? Oder führt an der Großen Koalition ohnehin kein Weg vorbei? "Im Klartext" versammelte dazu eine etwas andere Elefantenrunde:

Hannes Androsch (SPÖ) war Finanzminister von 1970 bis 1981 und zusätzlich 5 Jahre lang Vizekanzler unter Bruno Kreisky, dem Androsch an Popularität fast ebenbürtig war. Letztlich musste Androsch seine politischen Funktionen wegen Unvereinbarkeit zurücklegen, weil er als Finanzminister auch Inhaber einer Steuerberatungskanzlei war, die staatliche Aufträge erhielt. Nach seiner Zeit in der Politik begann Androschs erfolgreiche Karriere als Industrieller: seit 1989 ist er Geschäftsführer der Androsch International Consulting, außerdem ist er Miteigentümer des weltweit führenden Leiterplattenherstellers AT & S und hält unter anderem eine Beteiligung bei bwin. Der 70-jährige Androsch ist wirtschaftspolitischer Berater von SPÖ-Spitzenkandidat Werner Faymann; erst vor kurzem verteidigte er die von der SPÖ geplante Mehrwertsteuersenkung auf Lebensmittel und forderte eine baldige Steuerreform.

Die ehemalige Volksschullehrerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) wurde 1995, noch unter Bundeskanzler Vranitzky, zur Unterrichtsministerin (später Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur) ernannt und blieb es bis 2007. Gehrers Name ist untrennbar mit der Einführung der Studiengebühren verbunden, die sie zum "Feindbild" vieler Studierender machte. Generell war Gehrers Bildungspolitik, die unter anderem einen Ausbau der Fachhochschulen vorsah, höchst umstritten. Kritisiert wurde Gehrer, stets eine enge Vertraute Wolfgang Schüssels, auch für ihre 2003 getätigte Aussage zum Generationenkonflikt, es mache das Leben nicht lebenswert, wenn man als junger Mensch von Party zu Party rausche. Das wurde später zum Slogan "Kinder statt Partys" verkürzt.

Doris Pollet-Kammerlander (Die Grünen) war zunächst Mitglied des Grazer Gemeinderats und Bundesausschusssprecherin der Grünen Alternative. Nachdem sie als Geschäftsführerin der Grünen Bildungswerkstatt tätig war, zog sie 1994 in den Nationalrat ein und war außerdem Frauen- und außenpolitische Sprecherin der Grünen. 1999 schied sie aus der Politik aus und war danach OSZE-Beobachterin in Montenegro sowie Leiterin des Büros für Menschenrechtsfragen der OSZE.

Hilmar Kabas (FPÖ) war von 1981 bis 1998 stellvertretender Landesparteiobmann in Wien, von 1998 bis 2004 dann selbst Landesparteiobmann - sein Nachfolger war HC Strache. In seiner Zeit als Politiker sorgte Kabas immer wieder für Aufsehen: im Vorfeld der Nationalratswahl 1999 betrieb Kabas einen ausländerfeindlichen Wahlkampf in Wien (Stichwort "Überfremdung"), weswegen er im Zuge der Regierungsbildung 2000 von Bundespräsident Klestil als Verteidigungsminister abgelehnt wurde. Im Gegenzug bezeichnete Kabas Klestil als "Lump", sagte aber später, er habe "so etwas wie Hump oder Dump gesagt". Außerdem wurde Kabas bei einer Wahlkampfveranstaltung vor laufender ORF-Kamera "getortet". 2005 war Kabas nach der BZÖ-Abspaltung kurzzeitig FPÖ-Bundesparteichef und schloss in dieser Funktion unter anderem Jörg Haider aus der Partei aus. Von 2006 bis 2007 war Kabas Volksanwalt.

Der studierte Veterinärmediziner Herbert Haupt (zunächst FPÖ, dann BZÖ) war von 1994 bis 1996 dritter Nationalratspräsident und von 2000 bis 2005 Sozialminister. Zwischen Februar und Oktober 2003 war der Haider-treue Haupt auch Vizekanzler. Anfang 2005 trat Haupt - unter dem zunehmenden Druck der Partei - als Minister zurück (seine Nachfolgerin wurde Ursula Haubner) und wechselte zu Jörg Haiders neu gegründetem BZÖ über. Seit 2006 ist Herbert Haupt Behindertenanwalt.

Text: Manuel Marold

Eine Veranstaltung in Kooperation mit "Die Presse", unterstützt von Hochriegl.

Im Klartext
Montag, 22. September 2008
18:15 Uhr
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