Verlagsdependance in Wien

Kinderbücher aus Russland

Was lesen russische Kinder? Harry Potter und Fantasy sind auch in Russland Nummer eins. Die Brüder Andrej und Vadim Meshcheryakov haben 2005 in Russland mit einer kleinen Kinderbuchedition begonnen und innerhalb kurzer Zeit den Aufstieg in die erste Liga der russischen Kinderbuchverlage geschafft.

Kulturjournal 2.4.2010

"Das Leben einer Fliege ist viel interessanter als Fernsehserien", meinte die Biologin Olga Kuvikina und schrieb Briefe an Insekten. Singende Schaben treten da auf, starke Käfer und kämpferische Grillen. Nicht zuletzt wegen der witzigen Illustrationen wurde ihr Buch im Vorjahr auf der Moskauer Buchmesse ausgezeichnet. "Briefe an Insekten" ist das erste von fünf Büchern, mit denen der IDMI Verlag in den Bücherfrühling startet.

Beginn mit Wissenschaftsbuch für Kinder

Der Verleger Andrej Meshcheryakov: "Es gibt viele ausländische Bücher am russischen Markt, aber nicht so viele umgekehrt, besonders Kinderbücher." Angefangen hat Andrej Meshcheryakov gemeinsam mit seinem Bruder Vadim vor fünf Jahren am Stadtrand von Moskau. Ein altes Buch, in der Datscha der Eltern gefunden, war das erste Buch, das sie verlegten, und es ist bis heute ihr meistverkauftes. "Spielereien aus der Welt der Wissenschaft" heißt dieses Buch, erstmals erschienen ist es im Jahr 1890, verfasst von Tom Tit - so das Pseudonym des französischen Naturwissenschaftlers Arthur Good - und im Russland von heute ist es offenbar ebenso erfolgreich wie einst in der Sowjetunion.

Weitere Funde aus der Datscha der Meshcheryakovs als Nostalgieraritäten im Verlagsprogramm von IDMI: eine Ausgabe der Grimmschen Märchen und "Alice's Abenteuer im Wunderland" - so hieß die Ausgabe aus dem Leipziger Hartknoch Verlag anno 1869, die erste deutsche Übersetzung des Kinderbuchklassikers. Mit den historischen Illustrationen von Arthur Rackham, wiederaufgelegt als Buch mit Patina aus dem Kinderzimmer von damals - mit vergilbten Seiten und deutlichen Gebrauchsspuren.

Moderne Klassiker

Märchen und Bilderbuchausgaben von Puschkin, Tolstoi, Gogol und Tschechow - das waren die Kinderbücher aus Russland, die einst auch die Regale der DDR-Buchhandlungen füllten - neben Heldenepen wie Nikolai Ostrowskis Oktoberrevolutions-Roman "Wie der Stahl gehärtet wurde" oder Arkadi Gaidars "Timur und sein Trupp".

Die Wiederauflagen der modernen Klassiker sind es auch, die heute gut verkauft werden - vor allem im Osten Deutschlands und vor allem jene, die über politische Zweifel erhaben sind: Die "Lustigen Geschichten" von Wladimir Sutejew, die Fantasy-Romane von Alexander Wolkow und - allen voran: "Der tschechische Maulwurf" von Zdenek Miler, der bei uns in der "Sendung mit der Maus" Karriere gemacht hat.

Qualitätsmerkmal Ausstattung

Neu bei den Buchimporten ist ein wachsendes Qualitätsbewusstsein in punkto Ausstattung. "Wir haben gezeigt, dass man auch gute und ein bisschen teurere Bücher für Kinder kaufen kann, weil: wenn Eltern wollen, dass ihre Kinder zu lesen anfangen, werden sie nicht damit sparen." Das meint Andrej Meshcheryakov und die rasante Entwicklung des russischen Stammhauses von IDMI scheint ihm Recht zu geben.

"Im ersten Jahr waren sie zu zweit und jetzt haben sie in Moskau 40 Mitarbeiter, die selber Autoren und Illustratoren suchen plus die passenden Designer und die Druckerei", so Meshcheryakov, "und es funktioniert."

Es funktioniert offenbar so gut, dass die Brüder Meshcheryakov im nächsten Jahr auch in Frankreich eine IDMI-Dependance gründen wollen.

Textfassung: Ruth Halle

Service

IDMI Verlag