Boris Pahor im Porträt

Der in Italien lebende slowenische Schriftsteller Boris Pahor zählt zweifellos zu den bedeutendsten Schriftsteller Europas. Der Klagenfurter Verlag Mohorjeva Hermagoras präsentierte vor kurzem die Übersetzung von fünf Romanen ins Deutsche.

Kulturjournal 7.4.2010

Mit seinem Roman "Nekropolis" wurde Boris Pahor 2001 auch international bekannt. Es beschreibt sein Martyrium in mehreren deutschen Konzentrationslagern. Große Literatur und erschütterndes Zeitzeugnis. Bilder, Szenen von einer Eindringlichkeit, die man nicht mehr vergessen kann.

Bereits als Kind, lernte Boris Pahor Gewalt und Unterdrückung kennen. Nach vier Jahren Grundschule wurde in Triest der Schulunterricht in slowenischer Sprache verboten. Ein Trauma, das er nie vergessen hat und das auch in seinen Büchern immer wieder thematisiert wird.

"Im Prinzip habe ich, als ich jung war, Dostojewskis 'Erniedrigte und Beleidigte' gelesen und festgestellt, dass eigentlich wir jene Erniedrigten und Beleidigten sind, die wir im italienischen Staat leben und die eigene Sprache und die eigenen Bücher nicht haben dürfen", erinnert sich Pahor. "Und ich habe dann beschlossen, über diese Menschen zu schreiben. Und meine Bücher handeln davon."

Der Glaube an die Liebe

Bei Mohorjeva Hermagoras sind vor kurzem fünf Bücher in deutscher Übersetzung erschienen. In ihnen geht es immer wieder um totalitäre Regime, um Konzentrationslager, Widerstand, politisches Denken. In einem Satz kurz zusammengefasst: "Lasst nicht zu, dass andere euer Denken bestimmen."

Eines hat sich Boris Pahor aber Zeit seines Lebens bewahren können, den Glauben an die Liebe: "Wenn der Mensch sich mit Hilfe der Liebe rettet, beginnt er wieder daran zu glauben, dass die Welt sich ändern kann."

Sie spielt zum Beispiel in "Die Verdunkelung" und vor allem in "Villa am See" eine ganz entscheidende Rolle. Was passiert, wenn ein KZ-Überlebender sich in eine Frau verliebt, die Mussolini verherrlicht? Welche Spuren hinterlassen totalitäre Systeme im Unterbewusstsein des Menschen?

"In dieser Villa, als ich sie nach Kriegsende besucht habe, war ein Mädchen, das Mussolini verehrte", erzählt Pahor. "Wir haben uns verliebt. So wurde die Liebe wieder zum Thema meiner Literatur. Eine Mutter bzw. eine Frau muss aber immer gegen den Krieg, gegen die Waffen, gegen die Dikatatur, gegen die Knechtschaft sein. Diese Rolle kommt der Frau in meiner Literatur immer wieder zu."

Autobiografische Grundlagen

Radko Suban ist die Hauptfigur in mehreren Romanen Boris Pahors: "Im Labyrinth", "Die Verdunkelung" und in "Kampf mit dem Frühling":

"Im Wesentlichen ist das autobiografisch", erklärt Pahor. "Nicht alles, aber die Grundlinien: Faschismus, Nazismus, Lager, Triest, deutsche Okkupation, Konzentrationslager, Sanatorium, das sind konkret meine Erlebnisse. Selbstverständlich habe ich zusätzliche Dialoge und Teile der Handlung erfunden. Aber das Wesentliche, die groben Züge dieser Gestalt, das ist meine Biografie."

Sprachliche Eigenheiten

Heute ist Boris Pahor 96 Jahre alt. Und er sagt noch immer: "Am schlimmsten war, dass mich der Faschismus dazu zwingen wollte, ein anderer zu werden, meine Sprache und meine Identität zu ändern." Und genau das respektieren die beiden Übersetzer Urska Cerne und Matthias Göritz. Sie versuchen nicht, Boris Pahors sprachliche Eigenheiten zugunsten einer vielleicht leichteren Lesbarkeit zu glätten.