Ein Jahr Neue Grippe

700.000 Impfdosen zuviel

Vor einem Jahr ist die sogenannte Neue Grippe ausgebrochen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnte vor einer weltweiten Ausbreitung der Grippe. Eine Pandemie ist aber nicht eingetreten. Allein in Österreich sind 700.000 Impfdosen übrig geblieben, kritisieren Impfkritiker.

Mittagsjournal, 23.04.2010

400.000 Fälle in Österreich

Knapp 400.000 Personen sind in Österreich an der Neuen Grippe erkrankt, 40 Menschen sind daran gestorben: ist die offizielle Bilanz des Gesundheitsministeriums, nachdem vor einem Jahr die sogenannte neue Grippe oder auch Schweinegrippe für Aufregung gesorgt hat.

WHO warnte vor Pandemie

Besonders junge Menschen und Schwangere seien gefährdet, hieß es, die Weltgesundheitsorganisation WHO sprach von einem äußerst aggressiven Virus und warnte vor einer Pandemie, einer weltweiten Ausbreitung einer gefährlichen Erkrankung. Nach den ersten Alarmmeldungen aus Mexiko stellte sich jedoch heraus, dass die Neue Grippe in vielen Fällen relativ mild verlief. Impfkritiker sahen sich bestätigt. Lautet die Bilanz nun: außer Spesen nichts gewesen?

45.000 Neuerkrankungen pro Woche

In die Armbeuge niesen, Desinfektionsmittel kaufen - das waren erste Empfehlungen des Gesundheitsministeriums als Warnung vor der Schweinegrippe. Schulen schließen, Impfstraßen werden aufgebaut. Im November des Vorjahres erreicht die Schweinegrippewelle ihren Höhepunkt mit bis zu 45.000 Neuerkrankungen pro Woche.

Weniger Erkrankungen als in Vorjahren

Knapp 400.000 Impfdosen wurden in Österreich verabreicht. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums sind 400.000 Personen an der Neuen Grippe erkrankt - das seien etwas weniger Grippe-Erkrankte als in anderen Jahren, sagt der zuständige Sektionschef im Gesundheitsministerium Clemens Auer.

"Entwarnung zu spät"

Eine Pandemie ist nicht eingetreten. Glücklicherweise, sagen die einen. Man hätte früher entwarnen müssen - sagen die anderen - wie etwa Gesundheitsökonom Franz Piribauer: "Die Alarmfunktionen haben funktioniert im April, aber die Aufhebung des Alarms hat nicht funktioniert. Also, man gibt Feueralarm und dann ist es aber nicht so ein Feuer."

"WHO hat übertrieben reagiert"

Österreich sei zwar im Vergleich zu anderen Ländern maßvoll mit den Warnungen umgegangen, sagt Piribauer, die WHO habe jedoch völlig überzogen reagiert. Und das aus gutem Grund: "Da sind Experten drinnen, die ein Naheverhältnis zur Pharmaindustrie haben und die sehen halt die Welt dramatischer. Und wenn man schon eine schöne Feuerwehr gebaut hat, dann will man sie doch einmal einsetzen."

700.000 Impfdosen übrig

Im Gesundheitsministerium hält man die einschneidenden Maßnahmen auch im Nachhinein für gerechtfertigt. 700.000 Impfdosen sind in Österreich noch übrig, was mit ihnen geschieht, ist derzeit noch unklar. Andere Länder hätten jedoch deutlich größere Probleme, sagt der zuständige Sektionschef im Gesundheitsministerium Clemens Auer. Er verweist etwa auf Deutschland, wo 28 Millionen Impfdosen nicht benötigt würden.

"Wir überlegen uns gerade wie diese nicht verbrauchten Impfdosen letztlich auch unter ökonomischen Gesichtspunkten einer sinnvollen Verwertung zugeführt werden können," so Auer. Wie lange das noch dauert, könne Auer noch nicht sagen: "Das ist wirklich ein Denkprozess. Wenn sie das mit anderen Ländern
vergleichen, sind wir mit einem blauen Auge davongekommen."

Künftig keine Neue Grippe-Impfung mehr

In der kommenden Wintersaison werde es jedenfalls keine eigene Neue Grippe-Impfung mehr geben - die Immunisierung gegen das Virus wird gemeinsam mit anderen Grippeviren in einen Gesamtimpfstoff eingebaut.