Filmische Mentaliätsgeschichte Siziliens

Baaría

Mit Filmen wie dem Oscar-prämierten Werk "Cinema Paradiso", "Der Mann der die Sterne macht" und "Der Zauber von Maléna" hat Giuseppe Tornatore schon drei Mal Sizilien filmisch gehuldigt. Nun kehrt der Regisseur mit seinem neuen Werk "Baaría" wieder in seine Heimat zurück.

Kultur aktuell, 28.04.2010

Ob Kino, Politik, Korruption oder die Liebe, wenn man in Sizilien etwas macht, dann vor allem mit Leidenschaft. Dieses Bild zeichnet der Italiener Giuseppe Tornatore (53) in seinem Film "Baaría", der eine Familienchronik über sieben Jahrzehnte und drei Generationen erzählt.

Im Zentrum steht die Beziehung von Peppino und Manina - anfänglich eine schwierige Sache: Die Eltern von Manina sind nämlich strikt gegen diese Liebe, nicht zuletzt, weil Peppino so gut wie mittellos ist. Doch das soll sich ändern. Peppino will vom Schafhirten zum Politiker der Kommunistischen Partei aufsteigen.

Politik und Privat

Das Wechselverhältnis von Politik und Privat erhebt Regisseur Tornatore zum Erzählprinzip. Er arbeitet die Familiengeschichte anhand einschneidender Ereignisse in der Geschichte Siziliens ab, vom Faschismus der 1930er Jahre über die Landung der Alliierten und großen Gewerkschaftsdemonstrationen in den 1960er Jahren bis hin zu wichtigen Parlamentswahlen in den 1970ern.

Konsequent setzt Tornatore der Politik den Alltag der Menschen gegenüber und karikiert stets liebevoll die Mentalität seiner Landsleute. Wenn man ein Haus baut, dann baut man es einfach - und um die Genehmigung kümmert man sich später. Wenn man Hunger und kein Geld hat, dann muss man eben erfinderisch sein, und auch wenn man arm ist, elegantes Auftreten ist unverzichtbar.

Knorrige Gesichter, ausgeprägter Stolz, subtile Erotik, archaische Rituale, sagenhafte Mythen, melancholisches Innehalten und ein auffälliger Sinn für Spektakel sind der Zement, der diese Geschichte zusammenhält.

Soundtrack von Ennio Morricone

Fast zweihundert Figuren begleiten zum Teil in Kleinstrollen die Familie Torrenuova durch den Film, vom skrupellosen Großgrundbesitzer bis zum Schwarzmarkthändler, vom Salon-Kommunisten bis zum Schmalspurmafioso, Figuren, die von realen Personen inspiriert wären, so Giuseppe Tornatore.

Mit Unterstützung von Komponist Ennio Morricone entwirft Giuseppe Tornatore einen opulenten, nostalgischen und humorvollen Bilderbogen, will vielleicht zu viel erzählen und bleibt daher trotz zweieinhalb Stunden Film oft nur an der Oberfläche, aber "Baaria" ist mit seinen vielen Zitaten eine sympathische Liebeserklärung an ein Kino alter Schule.

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Tobis Film - Baaría