Berliner Schau kommt nach Wien

Große Frida-Kahlo-Retrospektive

Der Martin-Gropius-Bau in Berlin zeigt von Freitag, 30. April 2010 bis Anfang August eine der bisher umfangreichsten Retrospektiven des Werks von Frida Kahlo, einer schillernden Malerin der Kunstgeschichte. Die Schau wird ab September im Bank Austria Kunstforum in Wien zu sehen sein.

Kulturjournal, 30.04.2010

Die Mexikanerin Frida Kahlo ist eine Ikone der Frauenbewegung, ihr Schaffen ein begehrtes Sammlerobjekt und ihre Portraits sowie Sujets werden, gerade in Amerika, nach allen Regeln der Kunst vermarktet. Ausstellungen mit Gemälden und Zeichnungen der leidgeprüften Frida Kahlo sind gefragt und schwer zu realisieren.

Mittagsjournal, 30.04.2010

Bilder erstmals gemeinsam zu sehen

Frida-Kahlo-Werke sind selten - gerade einmal 143 Bilder hat sie der Nachwelt hinterlassen, davon zeigen annähernd 60 die Künstlerin selbst. Zu den privaten Leihgebern kommen in Berlin Arbeiten aus den beiden größten Kahlo-Sammlungen Olemdo und Gelman. Die Stücke aus den beiden Häusern sind zum ersten Mal zusammen zu sehen.

Der Schau in Berlin gibt das eine bemerkenswerte Dichte, Breite und Tiefe. An die 60 Gemälde und 90 Zeichnungen lassen die Entwicklung des Menschen und der Künstlerin Frida Kahlo Revue passieren, so Kuratorin Helga Prignitz-Poda: "Wenn sie sich die ersten Bilder von Frida Kahlo angucken, dann sehen sie, dass sie einfach ein geniales Naturtalent war und ein handwerkliches Können mitbrachte, das sie ohne jede weitere Schulung all diese Meisterwerke zustande brachte. Damit allein hat sie schon bewiesen, dass sie einen wesentlichen Markstein in der Kunstgeschichte bildet - als Frau, als Lateinamerikanistin und, wie man inzwischen sieht, für die ganze Welt von Bedeutung ist."

Bewegtes Leben

Die Qualität ihrer Arbeiten verschwindet oft hinter ihrem bewegten Leben. Die Tochter einer Mexikanerin und eines Deutschen erkrankt an Kinderlähmung. Mit 18 bohrt sich bei einem Busunfall eine Eisenstange durch ihren Körper. Bis zu ihrem Tod im Alter von 47 Jahren folgen Dutzende Operationen und Therapien, mit Malerei und Morphium versucht sie den Schmerz zu lindern.

Sie heiratet gleich zwei Mal Mexikos berühmtesten Wandmaler Diego Rivera - eine kinderlose amour fou, die beide mit ungezählten Affären zwischen Himmel und Hölle verbringen. Ihre psychischen wie physischen Verletzungen transferiert sie auf die Leinwand.

Sinn und Bedeutung

"Ihr Werk ist nicht nur die Illustration einiger Lebensstationen", betont Helga Prignitz-Poda. "Alle Bilder von ihr haben nicht nur den äußeren Schein, sondern dahinter noch einen Sinn und eine Bedeutung."

Reales und Surreales findet sich auf den ergreifenden Stillleben und Zeichnungen, geradezu hypnotisierend wirken die Portraits. Die dunklen Augen unter den kräftigen, zusammengewachsenen Brauen richten sich direkt auf den Betrachter. Die nach oben gebunden Haare geben den Blick frei auf die hohe Stirn, die gerade, etwas breite Nase und den Flaum über den schmalen roten Lippen.

Halsband aus Dornen
Frida Kahlo malt sich mit einem Halsband aus Dornen, mit ihrem Mann, der wie ein Baby in den Armen liegt. Sie stellt sich fast nackt dar, ihr Oberkörper ist in der Mitte geöffnet, eine gebrochene Säule verbindet Becken und Kopf. Ein Höhepunkt der Ausstellung ist ihr letztes Portrait, das sie kurz vor ihrem Tod 1954 gemalt hat. Es ist zum ersten Mal ausgestellt. "Selbstportrait in Sonnenblume" zeigt kaum noch figurativ ein einsames, verblühendes Gesicht in einem Kranz aus welken Blättern. Aus dem Bild strömen Resignation und Todessehnsucht.

"Das ist wirklich eines der ganz traurigen Bilder am Ende ihres Lebens, wo mehrere in dieser Art entstanden sind. Wir zeigen eine Frida, die nicht bis zum Ende nur immer die Heroine und die standhafte Frau war", sagt Kuratorin Helga Prignitz Poda.

Wunschbilder

Ein weiterer Komplex der Schau befasst sich mit den kleinformatigen so genannten Wunschbildern. Darauf drückt Kahlo ihre Sehnsucht nach Jugend, Gesundheit und Unabhängigkeit aus. Einblicke gewährt die Schau außerdem in das Tagebuch der Künstlerin.

Vom Werkkontext gelöst ist die biografische Schilderung. Frida Kahlos Großnichte hat eine umfangreiche Fotosammlung zusammengestellt, die die unterschiedlichen Lebensphasen dokumentieren. Oft inszeniert sie sich mit ihren Selbstportraits - das intensive Liebes - sowie Leidenswesen samt Werk als untrennbare Einheit.

Service

Martin Gropius Bau - Frida-Kahlo-Retrospektive
Bank Austria Kunstforum - Frida-Kahlo-Retrospektive