"Geschäft mit Gier der Anleger"

AvW-Gutachter spricht von "Abzocke"

"Es handelt sich um etwas, was umgangssprachlich als Abzocke bezeichnet wird, und um ein Geschäft mit der Gier der Anleger in den Boomjahren von 2001 bis 2006." So formuliert es der Gerichtssachverständige Fritz Kleiner in seinem rund 800-seitigen Gutachten über die AvW-Investment-Gesellschaften von Wolfgang Auer-Welsbach, die am Dienstag Konkurs angemeldet haben.

Morgenjournal 05.05.2010

Kurse selber festgesetzt

Sinngemäß heißt es in dem Gutachten, der Kurs von AvW-Wertpapieren, der so genannten Genussscheine, habe sich nicht aus Angebot und Nachfrage ergeben. Bis ins Jahr 2001 sei er offenbar von Firmengründer Wolfgang Auer-Welsbach festgelegt worden: "Die Berechnungsblätter über den Kurs der Genussscheine hat Dr. Auer-Welsbach bis zum Jahr 2000 selbst erstellt. Nach den Feststellungen im Gutachten konnte der Sachverständige weder intellektuell noch sachlich diese Berechnungen nachvollziehen."

Künstlich hochgehalten

Später wurde der Wertpapier-Kurs offenbar durch ein "perpetuum mobile", wie es im Gutachten heißt, künstlich hochgehalten. Konkret: Wenn Anleger Wertpapiere gekauft haben, hat eine AvW-Gesellschaft einer zweiten AvW-Gesellschaft Provisionen bezahlt. Diese Provisionen für Wertpapierverkäufe erhöhten dem Gutachter zufolge den Gewinn und damit wieder den Wertpapierkurs. Gutachter Kleiner geht davon aus, "dass die AvW-Invest AG ohne die Provisionserträge der AvW-Gruppe nicht lebensfähig gewesen wäre."

Provisionen an Auer-Welsbach selbst

AvW besitzt Beteiligungen an diversen Firmen in Österreich und Deutschland sowie Grundstücke. Aber dem Gutachten zufolge waren die AvW-Genussscheine in den vergangenen Jahren nur zu 23 bis maximal 61 Prozent durch dieses Vermögen der AvW-Gesellschaften gedeckt. Dass seit 2004 wesentliche Teile des Wertpapier-Portfolios der beiden Gesellschaften für Spekulationsgeschäfte an Banken verpfändet waren, sei den Anlegern nicht mitgeteilt worden. Und im Gutachten ist auch von Provisionen in Millionenhöhe an AvW-Gründer Wolfgang Auer-Welsbach selbst die Rede.

Aufsicht untersuchte nicht

Scharfe Kritik übt der frühere Bawag-, Hypo Alpe Adria- und Herberstein-Gutachter Kleiner an der ehemaligen Bundeswertpapieraufsicht (BWA) im Finanzministerium. Die BWA habe das Kärntner Unternehmen in den Jahren 2000/2001 unter Finanzminister Karl-Heinz Grasser geprüft - nach anfänglich heftigen Bedenken letztlich ohne strafrechtliche Konsequenzen. Zitat aus dem Gutachten: "Die bemerkenswerte Tatsache, dass die BWA diese Vorgänge weder näher untersuchte noch zur Anzeige brachte, entbehrt jeder juridischen Grundlage." Dem Vernehmen nach hat die Finanzmarktaufsicht bereits frühere Verantwortliche der Wertpapieraufsicht angezeigt.

Klage gegen Republik

Der Anwalt Harald Christandl, der schon nach der Pleite der Grazer "Bank für Handel und Industrie" und der "Rieger-Bank-Pleite" erfolgreich gegen die Republik war, plant jetzt auch im AvW-Skandal eine Klage gegen die Republik: "Wir werden versuchen, im Rahmen der Amtshaftung hier Ersatzansprüche für die Gläubiger durchzusetzen." Ziel sei, dass die Republik einen Teil des Schadens bezahlt.

Mittagsjournal, 05.05.2010

Schadenersatzklage gegen Bank

Finanzielle Folgen könnte die AvW-Pleite unter anderem auch für die Raiffeisen-Bezirksbank Klagenfurt haben. Der obersteirische Anwalt Erich Holzinger hat für einen Anleger erstinstanzlich bereits eine Schadenersatzklage gegen die AvW-Depotbank gewonnen.

Von 230 blieben 50 Millionen

Der Wiener Anlegervertreter Andreas Pascher bedauert, dass die 12.000 Anleger aus der AvW-Konkursmasse nicht allzu viel Geld bekommen dürften. Rund 230 Millionen Euro sollen sie in AvW investiert haben, die Konkursmasse dürfte nur knapp 50 Millionen ausmachen.

Anwalt weist Vorwürfe zurück

Auer-Welsbach-Anwalt Franz Großmann sagt, Betrugs- und Untreuevorwürfe weise er vorläufig entschieden zurück. Was jetzt vorliege, sei die Meinung des Gutachters. Es gebe noch keine Anklage gegen seinen Mandanten, und manches aus dem 800-seitigen Gutachten werde man entkräften können.