Künstler werden zu Ausstellungsmachern

Wien - Boomtown freier Kunsträume

Der Offspace-Boom gehört zu den jüngsten Entwicklungen in der Wiener Kunstszene. Offspaces sind Ausstellungsräume für zeitgenössische Kunst, die - im Unterschied zu Galerien - keinen kommerziellen Nutzen verfolgen. Die Betreiber dieser Räume sind meist selbst Künstler/innen.

Diagonal, 08.05.2010

Maria Hanl über den Offspace flat1

Lebendigkeit und Vielfalt

Offspaces kommen und gehen, manche bestehen über Jahre, andere nur für einen begrenzten Projektzeitraum. Der Offspace kann als Indikator für die Lebendigkeit und Vielfalt einer zeitgenössischen Kunstszene angesehen werden.

Die Laboratorien des jungen Kunstschaffens sind in der Lage, schnell auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren und sind deshalb auch Schauplätze der Szene, wie etwa das Ve.Sch in der Wiener Schikanedergasse.

Neben dem Ausstellungsbetrieb spielen Vernetzung und Kommunikation eine wesentliche Rolle. Das Ve.Sch bietet dafür angedockt an den Ausstellungsraum eine Bar. Man lernt sich kennen, knüpft Kontakte zu Kritikern und Kuratoren, es entstehen Bekanntschaften, die später ausschlaggebend sind.

Knappe Budgets

Eine Tatsache für die Betreiber ist jedoch auch das knappe Budget. Ökonomisch sind die jungen Kunsträume meist auf Förderungen, Sponsoren oder Mäzene angewiesen, Raummieten müssen aufgebracht, Honorare, Transporte und vieles mehr bezahlt werden. Aber gerade wenig finanzielle Mittel, keine institutionelle Anbindung und das Fehlen jeglicher Konventionen machen oft vieles erst möglich.

Ungewöhnlich ist der hohe Grad an Professionalität, mit der Offspace-Betreiber heute arbeiten. Von der Logistik bis zur Pressearbeit werden alle Schritte beherrscht und richtig eingeschätzt. "Standard"-Journalistin Anne Katrin Fessler, die in einer Artikelserie die Wiener Offspaces unter die Lupe nimmt, sieht den Grund dafür in der Ausbildung auf den Kunstakademien, die zunehmend die künstlerische Selbstorganisation und -vermarktung lehrt.

Ausstellen als Ausdrucksform

Ein Wiener Raum, der seit Jänner 2009 besteht, ist das von den drei Künstlerinnen Maria Hanl, Karin Maria Pfeifer und Sula Zimmerberger betriebene flat1 im vierten Wiener Gemeindebezirk. Für das Ausstellungsprogramm im flat1 1 konnten sich Künstlerinnen und Künstler im Vorjahr bewerben. Hanl, Pfeifer und Zimmerberger haben daraufhin eine Auswahl getroffen und kuratieren aus den ausgewählten Positionen Gruppenausstellungen, die sich immer einem anderen Thema widmen.

Das Ausstellungsmachen betrachten die flat1-Betreiberinnen, wie auch viele ihrer Kolleginnen und Kollegen von anderen Offspaces, als eigene künstlerische Ausdrucksform. Für den Künstler Markus Vesely, einer der Gründer des Ve.Sch, bot der Offspace von Anfang an die Möglichkeit, seine eigene künstlerische Arbeitsweise neu zu definieren. Die Ausstellung an sich wird zum Ergebnis künstlerischer Auseinandersetzung.

Distanz zum Establishment

Immer schon sind Offspaces eine Alternative zu den großen Institutionen aber auch zu den Galerien, die kommerziellen Zwängen unterliegen. Die Geschichte der Offspaces geht zurück auf das 19. Jahrhundert, als sich Künstler der Avantgarde zuwandten und begannen, sich selbst zu organisieren. Man distanzierte sich von Museen und etablierten Ausstellungshäusern. Daraus entstanden etwa die Sezessionen. Geblieben ist die Selbstbestimmung, die freie Programmwahl, die Unabhängigkeit und auch die Spontaneität.

Offspaces bieten heute vor allem die Möglichkeit für junge Künstler, ihre Arbeiten möglichst frisch zu präsentieren. Und, federführend sind die Künstler selbst.

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