Zehnjähriges Bestehen gefeiert

Lyrikpreis Meran

Der Lyrikpreis Meran zählt zu einem der wichtigsten Literaturwettbewerbe seiner Gattung im deutschen Sprachraum. Er wird alle zwei Jahre ausgetragen und feiert dieses Jahr sein zehnjähriges Bestehen. Der Gewinner des heurigen Lyrikpreises ist Andre Rudolph.

Kulturjournal, 10.05.2010

390 Autorinnen und Autoren haben sich dieses Jahr beteiligt. Ihre Texte werden anonym eingesandt. 43 wurden von einer Vorjury ausgewählt. Neun Finalisten haben in den letzten Tagen in Meran ihre Texte vor der Hauptjury und dem Publikum gelesen.

Die Preisträger/innen
Der Gewinner des Lyrikpreis Meran ist der 1975 in Warschau geborene Andre Rudolph. Sünje Lewejohann aus Berlin hat den zweiten Platz gewonnen, Carsten Zimmermann, in Bonn geboren, den dritten. Ein Sonderpreis der Jury ging an Christian Rosenau aus Weimar.

Lyrik im Wettstreit

Die intimste der literarischen Gattungen verlässt das stille Kämmerlein und betritt die Bühne. Zwei Tage lang haben die neun Finalisten des Lyrikpreis Meran um die Wette gelesen und eine fünfköpfige Jury hat öffentlich über die Gedichte nachgedacht und geurteilt. Die Schriftstellerin, Übersetzerin und Kritikerin Ilma Rakusa ist Jurorin. Sie spricht von zwiespältigen Gefühlen, wenn es um die Messbarkeit von Lyrik geht: "Es ist sehr subjektiv. Es ist schwer, objektiv über Lyrik zu urteilen. Trotzdem: Wenn man sich umsieht, auch in Deutschland - es gibt's überall. Vielleicht, weil man Lyrik sehr gut vortragen kann. Dadurch ist es auch wieder möglich, solche Wettbewerbe durchzuführen."

Die Motivation zu Schreiben ist bei vielen Dichterinnen und Dichtern ähnlich: Hinter die Sprache blicken, eine kontemplative Haltung einnehmen. Gleichzeitig wollen Gedichte gehört werden. Der Berliner Lyriker Carsten Zimmermann, Gewinner des dritten Preises beim Lyrikpreis Meran, sieht genau in der Doppelbödigkeit von Stille und Gespräch den Wert des Lyrik: "Ich versuche, das stille Zentrum des Menschen in die Sprache einfließen zu lassen. Gedicht wollen natürlich etwas kommunizieren. Es geht schon darum, über subtilere, stillere oder vielleicht abweichende Wahrnehmungsweisen etwas zu sagen."

Leben in und durch Lyrik

Andre Rudolph, der Gewinner des Lyrik Preises Meran, meint: "Das ist für mich auf jeden Fall eine existenzielle Seins-Weise. Es ist nicht nur eine Sprechweise, sondern im Grunde strukturiert sich für mich Erleben - zumindest an bestimmten herausgehobenen Punkten - durch das Gedicht hindurch."

Der Lyrikpreis Meran bietet keinen Querschnitt der zeitgenössichen Lyriklandschaft. Viele Sparten der Lyrik wie politische Gedichte, oder neuere Formen wie Poetry Slam oder Rap fehlen. Doch Trends lassen sich feststellen, meint der Lektor und Herausgeber Christoph Buchwald: "Am Auffälligsten ist: Es stehen keine Ideologien zur Verfügung, die in Gedichte gepackt werden, wo das Gedicht als Beweis für eine bestimmte politische Haltung angeführt wird. Der einzelne Autor und Schreiber ist zurückgeworfen auf sich selbst und seine Wahrnehmung von Welt. Sicher ist aber immer: Alle diese Gedicht, wenn sie halbwegs was taugen, sind Echos von Zeit."

Keine Kontroversen

Beim Lyrikpreis Meran werden Autoren nicht abgeschlachtet. In einfühlsamem und konziliantem Ton werden Texte beurteilt. Der Preis und seine Jury sehen sich der Tradition verpflichtet. Das entspricht dem Charakter der Gattung. Nur: Eine kritischere Gangart könnte der Gattung ohne große Bühne zu mehr Rampenlicht verhelfen.

Service

Südtiroler Künstlerbund - Lyrikpreis Meran