Forschung, Industrie, Politik und Medien
Medizinische Erkenntnisse: erforscht oder "erkauft"?
Medizinische Studien, Statistiken zur Wirksamkeit von Medikamenten, Leitlinien zur Behandlung von Krankheiten - sind diese "neutral" und unanfechtbar? Oder sind sie vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Interessen und/oder von Voreingenommenheit entstanden?
8. April 2017, 21:58
Die Glaubwürdigkeit von Studien und Empfehlungen zu hinterfragen, dafür ist Claudia Wild bekannt, sie die Direktorin des Ludwig Boltzmann-Institutes für Health Technology Assessment in Wien; nach Eigendefinition eine unabhängige Instanz, die der Politik und der Gesundheitsverwaltung "wissenschaftliche Grundlagen für Entscheidungen zu Gunsten eines effizienten und angemessenen Ressourceneinsatzes" liefern möchte.
Zuletzt veröffentlichte Claudia Wild das Buch "Zahlenspiele in der Medizin". Sie kritisiert zum Beispiel, dass für Medikamente und Therapieformen Lobbying betrieben werde: die jeweiligen Krankheiten gebe es zweifellos, aber es werde gezielt Licht darauf geworfen:
"Und dann beginnt eine Eigendynamik, nach dem Licht. Diese Eigendynamik wird geschürt, denn es geht ja um Märkte, wo alle brav mit spielen." Auch die Wissenschaft spiele mit, so Claudia Wild: der Großteil der medizinischen Studien sei von der Industrie gesponsert.
Zu beobachten sei, dass statt einer direkten Werbung, Lobbying betrieben werde: mit groß angelegten Konferenzen und der Vernetzung von Forschung, Politik, Gesundheitsverwaltung. Claudia Wild nennt als Beispiele die Schweinegrippe und Rheuma.
"In dieser seltsamen Kooperation zwischen Forschung und Industrie, passiert dann der Druck auf die Politik, die Medien machen mit. Weil die Medien brauchen Innovationsmeldungen, wollen darüber berichten, dass permanent Innovation stattfindet. Und dann beginnt die Nachfrage der Patienten.
Bei ihrem Vortrag auf Einladung des Hausärzte-Verbandes ruft die Sozialmedizinerin und Kommunikationswissenschaftlerin dazu auf, Daten und Studien zu hinterfragen, Risiken von Therapien in Relation zum Nutzen zu setzen und alternative Behandlungen zu erwägen.