Nil-Anrainerstaaten streiten um Zuteilung
Kampf ums Wasser
Über 300 Millionen Menschen leben an den Ufern des Nils, der gerade am Unterlauf durch die trockensten Gebiete der Welt führt. Ohne das Wasser gibt es kein Überleben. Kein Wunder also, dass viele der zehn Anrainer-Staaten die Zuteilung des Nilwassers als eine Priorität der nationalen Sicherheit ansehen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 18.05.2010
Ägypten legt sich quer
Wer dem Fluss wie viel Wasser entnehmen darf, darüber streiten sich die zehn Nilanrainerstaaten. Nur vier der Staaten haben jetzt einen neuen Rahmenvertrag für die Nutzung des Nils unterschrieben. Vor allem Ägypten und der Sudan stellen sich quer.
"Wasser für alle da"
Friedlich plätschert das Wasser am Nil in Kairo vor sich hin, während die Fellucke, das traditionelle Nilsegelboot zwischen en Nilbrücken kreuzt. Für Kapitän Faruk, der mit seinem großen Turban geschützt vor der Sonne zwischen den Nilbrücken kreuzt, ist das Wasser für alle da. „Das Wasser des Nils kommt von Gott, alle die Durst haben sollen davon trinken“, sagt er.
Streit um verbriefte Wasserrechte
Wenn es nur so einfach wäre. Denn die Anrainer-Staaten des 6.670 langen afrikanischen Flusses sind so zerstritten wie noch nie. Seit ein paar Tagen liegt ein neuer Rahmenvertrag vor, der die Nutzung des Nilwassers in Zukunft regeln soll. Nur vier der zehn Anrainer-Staaten, Uganda, Äthiopien, Tansania, Ruanda, haben den Vertrag bisher unterschrieben. Zwar wird erwartet, dass Kenia, die Demokratische Republik Kongo, und Burundi den Vertrag noch unterzeichnen werden.
Doch der politische Sprengstoff liegt in der kategorischen Weigerung zweier wichtiger Nilländer, Ägypten und Sudan unter ihre Unterschrift unter das Werk zu setzen. Der Grund: In dem Paragraphen, in dem es um Wassersicherheit geht, sind die kolonial verbrieften Wasserrechte dieser beiden Länder nicht mehr festgeschrieben. Ägypten hat damals von den Briten 55,5 Milliarden Kubikmeter Wasser jährlich zugesprochen bekommen. Der Nil stellt 95 Prozent des in Ägypten verbrauchten Wassers. Für Ägypten ist der Nil eine Priorität der nationalen Sicherheit.
Kriege sind möglich
Deswegen droht man dort gerne, wenn man sich im Hintertreffen sieht. Wie das auch Hani Raslan tut, der für das Al-Ahram Zentrum für Strategische Studien in Kairo die Entwicklungen im Nilbecken verfolgt.
„Ägypten wird all seine politischen, diplomatischen und rechtlichen Möglichkeiten nutzen, um seine Interessen zu verteidigen. Wenn die Anrainerstaaten Ägypten schaden wollen, werden wir nicht mit verschränkten Armen zusehen. Wir werden unsere Interessen mit all unseren Möglichkeiten verteidigen, mit all unseren Möglichkeiten. Deren haben wir viele. Wir sind kein kleiner schwacher Staat.
Später warnt Raslan sogar noch, dass Ägypten bei den politisch instabilen Anrainer-Staaten am Oberlauf des Flusses Bürgerkriege anzetteln könnte, sollte die Wasserversorgung Ägyptens bedroht sein. Beim Nilwasser wird in Kairo der Ernstfall bis zu Ende gedacht.
Auch Äthiopien droht
Doch Ägypten ist nicht das einzige Schwergewicht am Nil, darauf weist der ghaneisch-ägyptische Journalist Gamal Nukrumah hin:
„Aus Äthiopien kommt 85 Prozent des Nilwassers für Ägypten. Das Land hat selbst 85 Millionen Einwohner. Das sind drei Millionen mehr, als Ägypten. Äthiopien hat eine enorme Bevölkerungsexplosion. Nicht nur
das: es leidet auch noch unter periodischen Trockenheiten.
Sparsamer umgehen
Kern des Problems ist das Bevölkerungswachstum am gesamten Verlauf des Nils, an dessen Ufern heute 300 Millionen Menschen leben. Tendenz steigend. Immer mehr Menschen und eine begrenzte Menge an Wasser.
Doch für Nukrumah ist der derzeitige Streit um die Zuteilungen des Nilwassers ein völlig falscher Ansatz: „Es gib genug Wasser für alle. Das Problem ist nicht der Mangel an Wasser, sondern die Frage wie wir es verwenden“, argumentiert er.
Und das, sagt Nukrumah gilt für alle Anrainerstaaten. Anstatt sich um das Wasser zu streiten, sollten sich die Politiker lieber darauf konzentrieren, wie man mit dem vorhandenen Wasser sparsamer umgeht, fordert er.
Eine von tausenden Dieselpumpen in Ägypten, mit denen die Bauern ihre Felder regelmäßig überfluten. Im Vergleich etwa zur modernen Tröpfchenbewässerung eine äußerst ineffektive Art das Wasser für die Landwirtschaft zu nutzen.
Weltbank: Strategien nötig
Noch gibt es nach Studien der Weltbank auf absehbare Zeit kein Wassermengenproblem am Nil. Aber auf Dauer müssen neue Strategien entwickelt werden. Wie kann das Wasser effektiver genutzt werden. Das ist laut Axel Klaphake, dem Nil-Berater der deutschen Entwicklungshilfeorganisation GTZ in Uganda eine der Hauptaufgaben für die Zukunft:
„Wie kann man das verbessern, sowohl im Bereich der Bewässerungslandwirtschaft, aber auch im Regenfeldbau, d.h, Wasser muss in allen Ländern effizienter genutzt werden, da gibt es enorme Einsparungspotentialen, nicht zuletzt in Ägypten selber, oder auch im Sudan, aber das trifft auch auf die Länder im Oberlauf des Flusses zu. Und ich glaube das wird langfristig ein Teil der Lösung sein müssen“.