Stadt Mailand klagt

Erste Prozesse gegen Bankmanager

In Mailand beginnt ein Prozess um kreative Finanzierungen für die Stadt Mailand. Es geht um Finanzkonstruktionen mit Derivaten, die der Stadt einen Millionen-Verlust bringen könnten. Elf Manager von international angesehen Banken und zwei Ex-Angestellte der Stadt Mailand stehen wegen Betrugs vor Gericht.

Morgenjournal, 19.05.2010

Einsparungen versprochen

Vor fünf Jahren benötigte die Stadt Mailand wieder einmal Geld und wurde bei angesehenen internationalen Banken vorstellig. Das Geld hat die Stadt auch erhalten, aber nicht nur das. Im Paket waren auch strukturierte Euro-Swaps mit Koppelung an Balanced Currency Harvest - oder war es eine Koppelung an den Long Short Momentum Index in Euro - oder Euribor-Ladder-Swap mit einem Spread-Sammler-Swap kombiniert? Wie auch immer - diese Finanzderivate sollten der Stadt Mailand beträchtliche Einsparungen bringen, so das Versprechen der Banker.

Banken hatten Gewinne

Bisher haben die abenteuerlichen Finanzkonstruktionen aber 300 Millionen Euro Verlust gebracht, sagt der Staatsanwalt, die Banken hätten die Stadt Mailand vorsätzlich getäuscht und über den Tisch gezogen. Laut Staatsanwaltschaft hätten die Banken mit ihren Finanzkonstruktionen zusätzliche Gewinne eingestreift und verschwiegen, dass Mailand bei der Umschuldung beträchtliche Vertragsstrafen zu bezahlen habe.

Renommierte Institute

Auf der Anklagebank sitzen Manager der Deutschen Bank, der Schweizer UBS, von J.P.Morgan und von einer Tochter der deutschen Hypo-Real-Estate. Sie zittern weniger vor der Anklage als vielmehr vor dem Richter Oscar Magi. Der hat sich schon einmal mit einem übermächtigen Gegner angelegt - vor ein paar Wochen verdonnerte er italienische Manager des Internet-Giganten Google zu Haftstrafen auf Bewährung. Ein weltweit aufsehenerregendes Urteil wegen Verletzung der Privatsphäre durch die Google-Tochter You-Tube. Es ging um ein Prügelvideo, in dem ein autistischer Bub misshandelt wurde.

Prozess für zwei Jahre

Nun blickt wieder die Welt auf Richter Oscar Magi, denn viele Kommunen befinden sich in einer ähnlichen Lage wie Mailand. Allein die italienische Justiz prüft bereits in 40 Regionen und Städten die abenteuerlichsten Finanzkonstruktionen, die unter Verdacht stehen, in erster Linie den Banken Gewinne beschert zu haben, während Steuergeld den Bach runtergeht. Das Urteil im Mailänder Prozess könnte Signalwirkung haben - aber soweit ist es noch lange nicht. Die angeklagten Bankmanager sind noch immer der Ansicht, dass ihre Finanzierungsvarianten für die Stadt Mailand Gewinne abwerfen würden - allerdings erst im Jahr 2035, wenn die Verträge auslaufen.

Auch für das Gerichtsverfahren selbst wird man einige Geduld aufbringen müssen - die Verteidigung hat bereits jetzt 70 Zeugen vorgeladen. Das Gericht wird frühestens in zwei Jahren zu einem Urteil kommen. Aber vielleicht hat bis dahin eine neue Weltfinanzkrise die letzten noch bestehenden kommunalen Derivat-Verträge fortgeschwemmt.