Nur bei langjähriger Ausübung

Sport als Stresspuffer

Der ständig steigende berufsbezogene Stress lässt sich durch sportliche Aktivitäten abfedern. Das hat eine groß angelegte Hamburger Studie gezeigt. Sportlich aktive Menschen konnten mit Stress besser umgehen und wurden weniger oft krank.

Im Detail sind allerdings viele Fragen offen geblieben wie zum Beispiel ob Ausdauer- oder Krafttraining effizienter ist oder ob es Unterschiede zwischen Frauen und Männern gibt.

Eine einjährige Studie

Radfahren, Joggen, Walken, Tennis-, Fußballspielen oder im Fitness Studio Kraft trainieren. Das sind typische Freizeitsportarten, die auch von einem Teil der Mitarbeiter eines großen deutschen Versicherungsunternehmens in Hamburg betrieben werden.

Der Freiburger Sportpsychologe Reinhard Fuchs hat in dieser Firma die betrieblichen Arbeitsbedingungen analysiert und die Arbeitsbelastungen gemessen. Dann hat er ein Jahr lang untersucht, wie die insgesamt 800 Mitarbeiter mit arbeitsbezogenem Stress zurechtkommen und welche gesundheitlichen Schäden sie davontragen.

Weniger Magenschmerzen und Migräne

Im Vergleich zwischen den unsportlichen und den sportlich aktiven Mitarbeitern war das Ergebnis eindeutig. Die sportlich aktiven Mitarbeiter schnitten besser ab. Sie hatten weniger psychosomatische Leiden wie Schlafstörungen oder Migräne, weniger vegetative Störungen wie Magen-Darmprobleme und weniger immunschwächebedingte Erkrankungen wie Erkältungen.

Joggen oder Yoga gegen Stress?

Im Detail sind allerdings viele Fragen offen geblieben. Es ist zum Beispiel nicht geklärt, wie intensiv die sportliche Aktivität sein muss, damit sie vor den negativen Folgen von Stress schützt. Sportmediziner empfehlen, sich am besten täglich 30 Minuten sportlich zu bewegen, mindestens aber zwei bis drei Mal in der Woche.

Es sollte aber auch nicht übertrieben werden, heißt es. Viel ist vom goldenen Mittelweg die Rede. Was er aber ist, das kann Fuchs auch nach der Auswertung der Studie nicht sagen. Offen ist auch, ob Stretching, Yoga und andere ruhigere Formen des Sports dieselbe stresspuffernde Wirkung haben wie kräftigende Sportarten. Oder ob es Unterschiede gibt zwischen Männern und Frauen.

Ausdauertraining besser als Krafttraining

Obwohl es noch keine eindeutigen Beweise gibt, sprechen einige Argumente dafür, dass Ausdauertraining besser als Stresspuffer wirkt als Krafttraining. Durch den Ausdauersport reagiert der Körper nämlich anders auf Stress.

Experten sprechen von der "Stressreaktivität". Die Herzrate schnellt nicht so stark in die Höhe, der Blutdruck verhält sich anders, Stresshormone werden anders ausgeschüttet. So die physiologische Erklärung.

Sportler glauben eher an sich

Auch auf der psychologischen Ebene lässt sich die Wirkung von Sport als Stresspuffer erklären. Sportliche Menschen haben oft ein besseres Selbstwertgefühl als unsportliche.

Sie sind auch oft eher davon überzeugt, dass sie das, was sie sich vornehmen, schaffen. In der Psychologie gibt es dafür den Fachausdruck der "Selbstwirksamkeit".

Regelmäßig und über viele Jahre

Ein Wundermittel gegen Stress ist Sport allerdings nicht. Am besten wirkt er bei einer mittleren Stressbelastung. Bei extremem Stress nützt Sport nicht, zumindest nicht als alleinige Strategie, zeigen Studien.

Wenig bringen auch kurzfristige sportliche Aktivitäten. Diejenigen Mitarbeiter der Hamburger Firma, die während der Studie mit einer sportlichen Aktivität begannen, hatten keinen unmittelbaren Nutzen. Erst mit der Zeit und der Regelmäßigkeit über viele Jahre hinweg, integriert in den Lebensrhythmus, stellt sich der Erfolg sein, hat Reinhard Fuchs in der Hamburger Studie festgestellt.