Konflikt mit Südkorea spitzt sich zu

Nordkorea: Truppen kampfbereit

Der Konflikt um die Versenkung eines südkoreanischen Kriegsschiffes durch Nordkorea spitzt sich weiter zu: Südkorea hat gestern umfassende Sanktionen gegen Nordkorea verhängt. Und nun hat der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-il seine Truppen in Kampfbereitschaft versetzt.

Morgenjournal 25.05.2010

Torpedo aus dem Norden

Bei dem Torpedoangriff auf das südkoreanische Schiff im März sind 46 Menschen getötet worden. Eine internationale Expertenkommission hat festgestellt, dass der Torpedo aus Nordkorea kam. Nordkorea weist die Vorwürfe zurück.

Formal im Krieg

Wer verdrängt haben sollte, dass sich Nord,- und Südkorea seit mehr als einem halben Jahrhundert formal im Krieg befinden, wird deutlich wie schon lange nicht mehr, daran erinnert. Seit 1953 herrscht auf der koreanischen Halbinsel kein Frieden, sondern ein Waffenstillstand. Aber es gibt eines, das den Ausbruch neuer Kampfhandlungen bis jetzt verhindert hat und Hoffnung weckt, dass es auch jetzt nicht dazu kommt: Es würde eigentlich keinen Sieger geben.

Keiner will den Kampf

Trotz all der Propaganda muss Nordkorea wissen, dass es dem Süden zwar große Verluste, aber keine militärische Niederlage zufügen kann. Die Wiederaufnahme der Kampfhandlungen wäre das Ende des nordkoreanischen Regimes. Aber auch der Süden will diesen Krieg nicht. Kämpfe schrecken Investoren ab. Man will den Norden nicht, eine Wiedervereinigung wäre teuer, zudem fühlen viele Südkoreaner zwischen sich und den Nordkoreanern eine große kulturelle Kluft.

Brisante Lage

Und die jeweiligen Schutzmächte, China und die USA, wollen Kämpfe und die Erinnerung an jeweilige Beistandspflicht schon gar nicht. Dennoch ist man in einer Situation angelangt, in der die kleinste Provokation zu einem offenen militärischen Konflikt führen kann. Südkorea droht, zurückzuschlagen, wenn es einen weiteren Zwischenfall gibt. Doch solche Zwischenfälle gibt es eigentlich laufend. Und Nordkorea droht, sogar auf die südkoreanischen Lautsprecher, die ab sofort wieder Propaganda in den Norden ausstrahlen sollen, zu schießen.

Schmerzhafte Sanktionen

Ganz abgesehen davon, dass Nordkorea die Formulierung von der "Kriegserklärung" immer sehr schnell bei der Hand hat. Eigentlich verwunderlich, dass man sie für das Paket an Wirtschaftssanktionen, die der südkoreanische Präsident Lee Myung-bak gestern angekündigt hat, nicht verwendet hat. Denn dieses wird den Norden schmerzen. 200 Millionen US-Dollar im Jahr, so schätzt man in Südkorea, werden dem Norden entgehen. Der Kriegsgegner Südkorea ist nämlich der zweitwichtigste Handelspartner Pjöngjangs. Handel und Tourismus bringen jene Devisen ins Land, die die Führung so dringend benötigt.

Hoffnung China

Wenn der Handel jetzt auf ein Minimum beschränkt wird, wird Nordkorea von seinem wichtigsten Handelspartner China noch abhängiger. Ein Szenario, das im Süden nicht unbedingt negativ gesehen wird. China kauft nicht nur die meisten Exporte aus Nordkorea, es will auch einen Hafen leasen, der ihm Zugang zum Japanischen Meer verschafft. Aber je mehr Geld China in den Norden investiert, desto mehr kann es auch fordern. Das ist die Hoffnung.

Strohhalm nicht ergriffen

Mit einem nach chinesischen Vorbild "reformierten und geöffneten" Nordkorea könnten wohl alle anderen Akteure am besten leben. Der südkoreanische Präsident hat dem nordkoreanischen Machthaber am Montag die Chance darauf gelassen. Kein einziges Mal wurde Kim Jong-il persönlich für den Zwischenfall verantwortlich gemacht. Dass der Strohhalm nicht ergriffen wurde, lässt auf den ersten Blick nur zwei Interpretationen zu: Kim Jong-il will entweder nicht hören oder er hat sein Militär doch nicht ganz so unter Kontrolle wie der Rest der Welt glaubt.