Konflikt mit Südkorea spitzt sich zu
Nordkorea: Truppen kampfbereit
Der Konflikt um die Versenkung eines südkoreanischen Kriegsschiffes durch Nordkorea spitzt sich weiter zu: Südkorea hat gestern umfassende Sanktionen gegen Nordkorea verhängt. Und nun hat der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-il seine Truppen in Kampfbereitschaft versetzt.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal 25.05.2010
Torpedo aus dem Norden
Bei dem Torpedoangriff auf das südkoreanische Schiff im März sind 46 Menschen getötet worden. Eine internationale Expertenkommission hat festgestellt, dass der Torpedo aus Nordkorea kam. Nordkorea weist die Vorwürfe zurück.
Formal im Krieg
Wer verdrängt haben sollte, dass sich Nord,- und Südkorea seit mehr als einem halben Jahrhundert formal im Krieg befinden, wird deutlich wie schon lange nicht mehr, daran erinnert. Seit 1953 herrscht auf der koreanischen Halbinsel kein Frieden, sondern ein Waffenstillstand. Aber es gibt eines, das den Ausbruch neuer Kampfhandlungen bis jetzt verhindert hat und Hoffnung weckt, dass es auch jetzt nicht dazu kommt: Es würde eigentlich keinen Sieger geben.
Keiner will den Kampf
Trotz all der Propaganda muss Nordkorea wissen, dass es dem Süden zwar große Verluste, aber keine militärische Niederlage zufügen kann. Die Wiederaufnahme der Kampfhandlungen wäre das Ende des nordkoreanischen Regimes. Aber auch der Süden will diesen Krieg nicht. Kämpfe schrecken Investoren ab. Man will den Norden nicht, eine Wiedervereinigung wäre teuer, zudem fühlen viele Südkoreaner zwischen sich und den Nordkoreanern eine große kulturelle Kluft.
Brisante Lage
Und die jeweiligen Schutzmächte, China und die USA, wollen Kämpfe und die Erinnerung an jeweilige Beistandspflicht schon gar nicht. Dennoch ist man in einer Situation angelangt, in der die kleinste Provokation zu einem offenen militärischen Konflikt führen kann. Südkorea droht, zurückzuschlagen, wenn es einen weiteren Zwischenfall gibt. Doch solche Zwischenfälle gibt es eigentlich laufend. Und Nordkorea droht, sogar auf die südkoreanischen Lautsprecher, die ab sofort wieder Propaganda in den Norden ausstrahlen sollen, zu schießen.
Schmerzhafte Sanktionen
Ganz abgesehen davon, dass Nordkorea die Formulierung von der "Kriegserklärung" immer sehr schnell bei der Hand hat. Eigentlich verwunderlich, dass man sie für das Paket an Wirtschaftssanktionen, die der südkoreanische Präsident Lee Myung-bak gestern angekündigt hat, nicht verwendet hat. Denn dieses wird den Norden schmerzen. 200 Millionen US-Dollar im Jahr, so schätzt man in Südkorea, werden dem Norden entgehen. Der Kriegsgegner Südkorea ist nämlich der zweitwichtigste Handelspartner Pjöngjangs. Handel und Tourismus bringen jene Devisen ins Land, die die Führung so dringend benötigt.
Wirtschaftspark läuft weiter
Wäre Lee konsequent gewesen, hätte er allerdings auch das Ende des Prestigeprojekts aus Sonnenscheinzeiten erklären müssen: des gemeinsamen Wirtschaftsparks an der Grenze in Kaesung, wo zehntausende Nordkoreaner für rund 100 südkoreanische Firmen arbeiten. 40 Millionen US-Dollar an Gehältern bekommt die nordkoreanische Führung dafür pro Jahr, wie viel die Arbeiter erhalten, ist nicht überliefert. Eine Schließung würde Südkorea offiziell eine halbe Milliarde US-Dollar kosten, die dort tätigen Firmen glauben, es wäre sogar teurer. Und sie sind für diesen Fall nicht versichert, also wird weiter produziert.
Hoffnung China
Wenn der Handel jetzt auf ein Minimum beschränkt wird, wird Nordkorea von seinem wichtigsten Handelspartner China noch abhängiger. Ein Szenario, das im Süden nicht unbedingt negativ gesehen wird. China kauft nicht nur die meisten Exporte aus Nordkorea, es will auch einen Hafen leasen, der ihm Zugang zum Japanischen Meer verschafft. Aber je mehr Geld China in den Norden investiert, desto mehr kann es auch fordern. Das ist die Hoffnung.
Strohhalm nicht ergriffen
Mit einem nach chinesischen Vorbild "reformierten und geöffneten" Nordkorea könnten wohl alle anderen Akteure am besten leben. Der südkoreanische Präsident hat dem nordkoreanischen Machthaber am Montag die Chance darauf gelassen. Kein einziges Mal wurde Kim Jong-il persönlich für den Zwischenfall verantwortlich gemacht. Dass der Strohhalm nicht ergriffen wurde, lässt auf den ersten Blick nur zwei Interpretationen zu: Kim Jong-il will entweder nicht hören oder er hat sein Militär doch nicht ganz so unter Kontrolle wie der Rest der Welt glaubt.