Krystian Lupa bei den Wiener Festwochen

Factory 2

Krystian Lupa gehört zu den bekanntesten Theaterregisseuren Polens. Bei den Wiener Festwochen gastiert er mit seinem sechsstündigen Theatermarathon "Factory two". In dieser umjubelten Arbeit mit den großartigen Schauspielern des Stary Theaters aus Krakau geht es um Andy Warhols New Yorker Basisstation, die sogenannte "Factory".

Mittagsjournal, 27.05.2010

"Factory 2" nennt Krystian Lupa seinen Theatermarathon allerdings, weil er mit den Schauspielern des Krakauer Stary Theaters nicht auf eine historisch korrekte Rekonstruktion aus war sondern weil er in den Probearbeiten, die über ein Jahr dauerten, mit diesen selbst eine kreative Experimentierstation aufbauen wollte, in der ähnliche Prozesse abliefen wie damals in Andy Warhols Factory in New York.

Interesse am Prozesshaften

Lupa zeigt in seinem Stück natürlich auch den Warhol mit seiner blonden Perücke, die Sängerin Nico und die vielen anderen Protagonisten der Factory, die Transvestiten, Fixer und Stricher. Auch Warhols Film " Blow Job " wird zu Beginn der Aufführung eingespielt, doch am meisten interessieren Lupa die gruppendynamischen Prozesse, die Gesetze der Ausbeutung und Selbstausbeutung, das Verhältnis von Wahrheit und Lüge im Theater und die komischen Aspekte der künstlerischen Produktion.

Ursprünglich war die Arbeit nicht auf sechs Stunden angelegt, aber es kamen immer wieder neue Aspekte hinzu. So nennt Lupa das Ganze auch eine Ensemblephantasie, die sich in drei Teile aufgliedert: Blow Job, Nacht und Improvisationen.

Die Figur Warhol

Krystian Lupa ist sich in höchstem Maße bewusst, wie kontrovers die Figur Andy Warhol war und ist - für die einen ein Hochstapler und Manipulator, für die anderen ein Papst der neuen Kunst.

In jeden Fall konnte und wollte Lupa sich nicht der Faszination Warhol entziehen. Warhol habe Erfolg mit Dingen gehabt, die bei anderen als läppisch bezeichnet worden wären, so Lupa. Seine Sehnsucht und seine Nähe zu Stars hätten ihm dabei gewiss geholfen und er stellte immer wieder die Frage nach dem Sinn und Zweck von Kunst in unserer Zeit.

Lupa bei den Wiener Festwochen

Krystian Lupa war schon oft zu Gast bei den Wiener Festwochen, nicht zuletzt auch deswegen, weil er mit interessanten Adaptionen österreichischer Literatur Furore gemacht hatte. Von Robert Musil bis Thomas Bernhard, von Hermann Broch bis Rilke. Die Aufführung, die jetzt in Wien gezeigt wird, ist keine gediegene Theaterarbeit, wie man sie von Lupa kennt, sondern rau und frisch, als stamme sie von einem jungen Regisseur und nicht von einem über Sechzigjährigen.

Krystian Lupa arbeitet derzeit mit drei verschiedenen Theatern in Polen zusammen, in Krakau, Warschau und Breslau. Und er inszeniert viel im Ausland, zuletzt etwa mit großem Erfolg Becketts "Endspiel " in Madrid. Im vergangenen Jahr hat er den Europäischen Theaterpreis erhalten, der ihn in eine Reihe mit Peter Brook oder Ariane Mnouchkine stellt.

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