Schriftstellerin und Illustratorin
Astrid-Lindgren-Preis an Kitty Crowther
Der im Gedenken an die Kinderbuchautorin Astrid Lindgren gestiftete Kinderbuchpreis ALMA der schwedischen Regierung geht in diesem Jahr nach Belgien. Ausgezeichnet wird die 40-jährige Schriftstellerin und Illustratorin Kitty Crowther.
8. April 2017, 21:58
Kulturjournal, 01.06.2010
Die Angst des kleinen Froschs
Es ist Abend. Die Sonne ist untergegangen und nächtliche Schwärze liegt über dem See. Jonas, der kleine Frosch, muss ins Bett. Doch die Dunkelheit macht ihm Angst. Sein Papa sitzt am Bett. Er ist in einen Schlafanzug gewandet, hat ein großes grünes Froschmaul und einen liebevollen Ausdruck im Gesicht. Klein Jonas hat die Bettdecke bis unters Kinn gezogen, die Mundwinkel zeigen nach unten. Er hat Angst. Ein Gefühl, mit dem sie sehr offen umgehe, sagt Kitty Crowther:
"Es ist eine sehr traurige Geschichte, aber du kannst dich auch dafür entscheiden, dass es eine nette Geschichte ist. Das hängt von dir selbst ab, von deinem Charakter, deiner Persönlichkeit und wie du Bücher liest. Es hängt auch davon ab, ob die Eltern vorlesen, die Lehrerin oder die Bibliothekarin. Meistens gibt es keine Probleme, denn die Erwachsenen sind es, die Probleme finden, nicht die Kinder."
Kindern mit Respekt begegnen
Kitty Crowther beleuchtet gern ernste Themen. Sie erzählt von Angst und Einsamkeit, so wie sie sie als Kind selbst erlebt hat. Denn die Belgierin wurde mit einem Hörfehler geboren und lernte erst mit vier Jahren sprechen. Wenn sie sich Geschichten für Kinder ausdenkt, erinnert sie sich gern an ihre eigene Kindheit:
"Ich habe ein Abkommen mit dem kleinen Mädchen, das ich einmal war. Damals hatte ich einen großen Hunger auf starke Geschichten. Eine davon war Astrid Lindgrens Geschichte über die Brüder Löwenherz. Da geht es sehr dramatisch los, dann zeigt Lindgren die andere Seite, spricht über jemanden, der krank ist, ohne irgendwelche sichtbaren Probleme zu zeigen. Die Geschichte bekommt immer mehr Tiefe. Wie sie das beschreibt ist wundervoll."
Wie Astrid Lindgren auch, ist das Thema Tod für Kitty Crowther kein Tabu-Thema. Kindern mit Respekt zu begegnen und ihre Gefühle auch heiklen Themen gegenüber ernst zu nehmen, hält die 40-Jährige für äußerst wichtig.
Humanismus und Mitgefühl
Dass in der wirtschaftlichen Krise gerade an den Finanzausgaben für Kinder gespart wird, sei unverantwortlich, meint Crowther. Schließlich sind sie die Erwachsenen von morgen. Überfüllte Klassen und ein Abwälzen der Verantwortung für die Erziehung auf die Lehrer, sei der falsche Weg, sagt Crowther.
Dieses Engagement lobte die Jury des ALMA-Preises als "Humanismus und Mitgefühl, die ihre Werke durchdringen", so der Vorsitzende Larry Lempert: "Ihre Schilderungen, ihre Technik, ihr Erzählvermögen - das ist das, was wir suchen, was wir als 'im Geiste von Astrid Lindgren' definiert haben. Sie ist eine große Künstlerin und Autorin. Sie erzählt aus der Perspektive des einsamen Kindes, und zeigt Wege aus der Situation hin zu einer Art Gemeinschaft auf."
Geschichten mit Happy-End
Crowthers Bilder sind in klaren Konturen gezeichnet, Minenspiel ihrer Protagonisten, Körperstellung und Stimmungen arbeitet die ausgebildete Zeichnerin mit Präzision aus. Wenn sie ihre Figuren entwickelt, schlägt sie einen Block auf, der auf der einen Seite Platz für die Skizze, auf der anderen Seite Platz für den Text hat, erzählt Kitty Crowther:
"Zeichnen ist wie ein kleines Theater zu haben. Wenn ich zeichne, zeichne ich natürlich für mich selbst, aber auch für jemand, der das später lesen wird. Du spielst quasi, wie die Person aussieht und was sie macht. Das ist faszinierend."
Und nicht selten haben ihre Geschichten ein glückliches Ende. In der Geschichte um den kleinen Frosch Jonas etwa endet es damit, dass Papa Frosch ins Kinderzimmer seines Filius zieht. Und da hört er es auf einmal auch, kritz, kratz, zilp, platsch... das klingt wirklich ganz schön unheimlich.