EU-Börsenaufsicht als Aufpasser
Ratingagenturen ohne Kontrolle
Nach den jüngsten Turbulenzen in der Finanzwelt wächst die Kritik an den Ratingagenturen. Es handelt sich um Unternehmen, die die Kreditwürdigkeit von Banken, Firmen und sogar Staaten beurteilen. Die Europäische Kommission will mehr Kontrolle über diese Ratingagenturen. Österreichs Sozialpartner sind für eine europäische Ratingagentur.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 02.06.2010
Zweifel am Urteil von Ratingagenturen
Ein dreifaches AAA ist die Bestnote für die Kreditwürdigkeit von Banken oder Staaten, die Ratingagenturen vergeben. Österreich, zum Beispiel, hat ein solches dreifaches A. Die Noten für Griechenland und zuletzt auch Spanien haben sich dagegen verschlechtert. Weil die Kreditwürdigkeit Griechenlands herabgestuft wurde und zuletzt auch Spanien Federn lassen musste, hat sich die Schuldenkrise in beiden Ländern verschärft. Ab B+ gelten Wertpapiere bereits als Ramsch. Den Ton geben die drei großen in den USA und Großbritannien angesiedelten Ratingagenturen Standard & Poors, Fitch und Moodys an.
Börsenaufsicht soll kontrollieren
Doch wer kontrolliert diese in den USA und Großbritannien angesiedelten Ratingagenturen? In Europa erfüllen das bisher mehr schlecht als recht nationale Finanzaufsichtsorgane. Das will die Europäische Kommission ändern. Nach Vorschlägen des rührigen Finanzkommissars Michael Barnier wird die zukünftige europäische Börsenaufsicht die Agenturen beaufsichtigen und nicht mehr zahnlose nationale Behörden. Die neue EU-Kontrollbehörde soll ermitteln können, wenn eine Rating-Agenturen zweifelhafte Bewertungen ausspricht: Es soll möglich werden, Dokumente anzufordern, Verdächtige zu verhören und Strafen zu verhängen.
Zentralbank als Oberaufsicht
Der luxemburgische Ministerpräsident Jean-Claude Juncker geht weiter und verlangt die Bildung einer eigenen, europäischen Ratingagentur, die von der Europäischen Zentralbank überwacht werden müsste.
Unabhängigkeit als Stärke
Das Problem bei all diesen Vorschlägen: die Ratingagenturen haben zwar krasse Fehleinschätzungen geliefert, aber sie agieren unabhängig von politischem Druck. Das macht ihre Stärke aus. Eine Agentur, die vom Goodwill der finanziell angeschlagenen EU-Regierungen abhängen würde, hätte wenig Glaubwürdigkeit auf den Märkten. Die Europäische Kommission stellt daher größere Transparenz ins Zentrum ihrer Regulierungsvorschläge.
Österreichs Sozialpartner für EU-Ratingagentur
Die Sozialpartner Österreichischer Gewerkschaftsbund und Wirtschaftskammer Österreich haben eine gemeinsame Initiative zur Neuregelung der Finanzmärkte präsentiert. Ihr Anliegen: eine europäische Rating-Agentur, dazu eine Finanztransaktionssteuer. Kaputt-Sparen sei hingegen kein Rezept.