Der "Außerirdische" geht
Machtwechsel in Japan
Erst vor rund acht Monaten war Yukio Hatoyama für viele noch als Hoffnungsträger als Premier ins Amt gekommen - jetzt ist er gescheitert. Hatoyama, wegen seiner auseinanderstehenden Augen der „Außerirdische“ genannt, ist zurücktreten.
8. April 2017, 21:58
Rücktritt mit Tränen
Der Abschied vom Amt ist Yukio Hatoyama sichtlich schwer gefallen. Obwohl seine Zustimmungswerte von über 70 Prozent auf unter 20 Prozent abgestürzt waren, wollte er seinen Posten als Premierminister nicht aufgeben. Doch heute Morgen trat er schließlich doch vor die Abgeordneten seiner Demokratischen Partei, die ihn erst vor achteinhalb Monaten gewählt hatten, und erklärte mit Tränen in den Augen seine Rücktrittsabsicht: „Die Öffentlichkeit hat nach und nach die Fähigkeit verloren, mir zuzuhören. Das ist sehr bedauerlich, aber das liegt an meinen mangelnden Fähigkeiten.“
Hatoyma scheitert mit Wahlversprechen
Mit der Amtsaufgabe übernimmt Hatoyama die Verantwortung dafür, sein Versprechen gebrochen zu haben, die Bürger auf der Insel Okinawa von den dort stationierten US-Truppen zu entlasten. Dafür sollte eine US-Militärbasis mitten in den Wohngebieten der Stadt Ginowan die Insel ganz verlassen. Doch Hatoyama gelang es weder, innerhalb Japans für die Basis einen anderen Standort zu finden noch die USA von neuen Verhandlungen über den Stützpunkt zu überzeugen. Deshalb soll die Militärbasis, wie ursprünglich vorgesehen, in den Norden von Okinawa umziehen. Die Sozialdemokraten hatten deshalb am Wochenende die Regierungskoalition verlassen. Ihre Vorsitzende Mizuho Fukushima meinte: „Der Premierminister tritt zurück, weil die Regierung die Stimmen der Bürger in Okinawa ignoriert hat.“
Spendenskandale untergraben Rückhalt
Doch schon vor dem Okinawa-Rückzieher hatte die regierende DPJ viel Rückhalt verloren. Denn Hatoyama und sein Generalsekretär Ichiro Ozawa hatten sich in Spendenskandale verstrickt. Zwar wurden für die Verfehlungen nur Mitarbeiter der beiden Politiker zur Rechenschaft gezogen, doch die Öffentlichkeit konnte keinen Unterschied zur Korruption aus den Zeiten der Liberaldemokraten erkennen. Seine letzten Tage im Amt nutzte Hatoyama dazu, auch Ozawa zum Rücktritt zu überreden. Ozawa gilt als der Schattenherrscher der DPJ und als der eigentliche Macher des Wahlerfolgs im letzten Jahr. Hatoyama: „Ich habe zu Herrn Ozawa gesagt: Wenn wir beide zurücktreten, dann können wir eine neue, eine saubere Demokratische Partei erschaffen.“
Ringen um Nachfolge
Die besten Chancen auf das Premierministeramt werden nun Finanzminister Naoto Kan nachgesagt. Der beliebte Mitgründer der DPJ ist führungsstärker und entscheidungsfreudiger als Hatoyama und hat in Sachen Spenden eine blütenweiße Weste. Trotzdem dürfte die DPJ bei der Oberhauswahl im Juli viele Stimmen an neue Reformparteien verlieren. Denn viele Japaner sind enttäuscht davon, wie wenig die DPJ bislang geändert hat. So scheiterte ihr Versuch kläglich, die Verschwendung von Steuergeldern zu stoppen. Die Staatsausgaben sind sogar noch gestiegen, obwohl alles auf Pump finanziert wird. Das macht vielen Bürgern Angst. Die Liberaldemokraten werden davon allerdings nicht profitieren, weil sie sich bislang nicht zu einer glaubwürdigen Alternative wandeln konnten.