Der Bühnenbildner Bert Neumann

Setting of a Drama

Sich in einem von Bert Neumann gestalteten Raum aufzuhalten, diese Möglichkeit bietet sich bis 29. August 2010 im Augarten Contemporary. Das Belvedere zeigt dort, im Rahmen der Wiener Festwochen, die Ausstellung "Setting of a Drama" und geht der Frage nach: Ist Bühnenbild Kunst?

Grelle und glitzernde Oberflächen

Als Chefausstatter der Berliner Volksbühne hat Bert Neumann eine Bild- und Objektsprache entwickelt, die von Glühbirnchen und glitzernden Großbuchstaben, von Schrägen, Schwingtüren, Containern und Gütern der globalisierten Wegwerf-Kultur geprägt ist.

Die grelle, angriffslustige Oberfläche der Ostberliner Theaterlandschaft hat er, mit Regisseuren wie Frank Castorf und René Pollesch, stark beeinflusst, wenn nicht gar erfunden, sagt Stefanie Carp. In der Nach-Wende-Zeit sei es ihm gelungen, die "Ästhetik improvisierter Lebensentwürfe" auf die Bühne zu bringen, so die Schauspieldirektorin der Wiener Festwochen.

Theaterrequisiten und Kulissenteilen

Das Behelfsmäßige und Temporäre steht auch im Mittelpunkt der Ausstellung "Setting of a Drama". In den großen Schauraum des Augarten Contemporary hat Bert Neumann ein mit gestreiftem Markisenstoff bezogenes Baugerüst gestellt. Im dunklen Inneren der Konstruktion laufen im Stop-Motion-Verfahren gedrehte Stummfilme, die Ausschnitte aus seinen Theaterarbeiten zeigen.

Eine begehbare Installation auf der Oberseite des Gerüsts besteht aus Fototapeten, Theaterrequisiten und Kulissenteilen: Eine Neonröhre zeichnet die pinkfarbenen Worte "Romantic World" in die Luft – und spiegelt sich, durch die großflächigen Atelierfenster, nach draußen in die Baumkronen des Augartens. Sie stammt aus Frank Castorfs Inszenierung von Dostojewskys "Der Idiot".

Inspiration Rummelplatz

Zu seinen Bühnenelementen, sagt Bert Neumann, lasse er sich gerne von der vorläufigen Architektur des Rummelplatzes, mit seinen uneingelösten, leuchtenden Versprechen inspirieren. Denn wie dem Theater liege auch der Schaubude ein unausgesprochenes Abkommen zugrunde, die Lüge zu genießen.

"To please and cheat the site" steht am Eingang der Ausstellung zu lesen. Ein Satz, der seine Arbeitsweise gut beschreibt, meint Neumann. Denn so wichtig ihm der Moment des Zaubers am Theater ist, so groß ist auch seine Freude daran, die Wirkungsmechanismen der Illusion offenzulegen.

Raum für Ungeplantes

Als erster Bühnenbildner hat Bert Neumann das "Prinzip der partiellen Sichtbarkeit" auf das Theater übertragen. In seinen Bühnenräumen können Schauspieler hinter Bretterverschlägen oder in schwer einsichtigen Wohneinheiten verschwinden. Beobachtungskameras fangen Bruchstücke des versteckten Geschehens ein und übertragen es auf Leinwände. Die dadurch entstehende, gebrochene Wahrnehmung lässt viel Interpretationsraum offen. Die bloß angeschnittene Welt ist überproportional interessant – ein klassisches Suspense-Motiv, meint Bert Neumann.

Viel Raum für Ungeplantes bietet die Veranstaltungsreihe "Bert Neumann trifft...". Als Gäste erwartet werden etwa René Pollesch, Martin Wuttke, und Schorsch Kamerun. Derzeit ist die Berliner Band Freddy Famous zu Besuch im Augarten, die täglich ab 11:00 Uhr in den Ausstellungsräumen probt, dreht und Konzerte spielt.

Service

Ausstellung Bert Neumann, "Setting of a Drama", bis 29. August 2010, Augarten Contemporary,
Ö1 Club-Mitglieder bekommen den Eintrittspreis um EUR 1,- ermäßigt.

Belvedere - Augarten Contemporary
Wiener Festwochen