Über Artenvielfalt und Sammelleidenschaft

Garagen, in denen sich Schicksale kreuzen

Eine Reparatur der kleinen Ginetta wird durch einen Defekt eines Sportwagenklassikers eines Ex-Chefs verzögert, es kommt zu einer seltsamen Verbrüderung zwischen englischem und französischem "Alteisen" und irgendwie hat Le Mans sogar mit Gunther Philipp zu tun.

"Manche sagen vielleicht, dass das Liebe ist ..."

Johannes Huber und Ottokar Jacobs über Faszination, Begeisterung und Herzklopfen

Du und Sie

Garagen, in denen sich Schicksale kreuzen - der Titel lehnt sich an Italo Calvino an, "Das Schloss, darin sich die Schicksale kreuzen", ich sollte die Erzählung wieder einmal lesen, denn die Erinnerung ist weg. Nicht so die Erinnerung an den Schriftsteller: Es war eines meiner ersten Interviews auf Italienisch, und da ich Italienisch nie richtig gelernt hatte und als junger Mensch alle meine Bekannten duzte, duzte ich auch Calvino.

Der Übersetzer Burkhard Kroeber, der an diesem Zeitpunkt im Hotel Hilton in Wien Calvino auch zum ersten Mal traf, erzählte mir davon Jahre später. Calvino hatte mich übrigens konsequent und freundlich gesiezt, und ich war zu aufgeregt, um das zu merken.

Kreuzung 1 - Elektrik

Aber kommen wir zu den Schicksals-Garagen: Ginetta wurde am Saisonbeginn nach einem fürchterlich grummeligen Start und baldigem Absterben ein Stückchen Argentinierstraße, dann die Gußhausstraße und über den Schwarzenbergplatz zum nächstliegenden Autoelektriker geschoben.

Schicksalskreuzung 1: Der Autoelektriker arbeitete gerade an einem kabelabgebrannten italienischen Sportwagenklassiker eines ehemaligen ORF-Generalintendanten. Ginetta musste warten, und nachdem der abgebrannte Kabelbaum ersetzt war, kam sie an die Reihe, bis aus Ermangelung eines richtigen Schaltplans aufgegeben wurde.

Ein Freund, der beim nahe liegenden Institut für Technikfolgenabschätzung der Akademie der Wissenschaften arbeitet und auch gerne an Autos leidet (vor allem an Citroens, 15 CV und HY - also auf gut Deutsch "Gangsterlimousine" und "Wellblechbus"), empfahl mir die Fachwerkstätte für 2CVs. Als ich merkte, dass der eine der beiden Partner mit alten Volvos Rennen fährt und auch einen hellblauen Jaguar XJ 6 sein eigen nennt (der erste Jaguar-Besitzer, den ich kennenlernen durfte, der ohne jede Ironie sagte: "verlässliches Auto") und der andere Partner auch eine Corvette fährt, fand ich, dass zu dieser Artenvielfalt auch eine mit Elektronikleiden gequälte Ginetta passt.

Kreuzung 2 - 2CV

Stefan widmet sich seither der seltsamen englischen Elektronik und hat schon die Nachfolger-Nachfolgefirma des Erzeugers - diesmal in Deutschland - gefunden. Wir sind also bei der zweiten Schicksalskreuzung angelangt: 2CV-Werkstätte, die wiederum dem Fahrradfreund Martin Strubreiter nicht unbekannt ist, der in der letzten Folge von "In Auspuffhöhe" vorkam.

Stefan Lurf also prüft Kontakte, kontrolliert Pins und ist davon überzeugt, dass viel zu viel Feuchtigkeit die Printplatte beeinträchtigt hat. Er hat nachgelötet, kurzschließende Kontakte repariert und wartet, dass die Teile überprüft und wiederhergestellt aus Deutschland zurückgeschickt werden.

Kreuzung 3 - 24 Stunden

Schicksalskreuzung 3: Als Zwölfjähriger war ich ganz glücklich, dass Jochen Rindt das 24-Stunden-Rennen in Le Mans gewann, 45 Jahre später fährt ein Bekannter bei den historischen 24 Stunden mit. Der mit ihm befreundete Porschesammler Ottokar Jacobs stellt das Auto (Porsche 908, ganz selten, wird immer teurer) und mit ihm wird Johannes Huber drei Mal eineinhalb Stunden im großen Kreis fahren.

Ein kleiner Exkurs - lieben Sie auch die Filme mit Gunther Philipp und Peter Alexander, ist Ihnen schon aufgefallen, dass da oft dramaturgisch nicht notwendig klassische Sportwagen vorkommen? Das hat mit der Leidenschaft des Komikers und Psychiaters und Wettkampfschwimmer Gunther Philipp (bürgerlich Dr. Gunther Placheta) zu tun. Er war einer der Fahrer der Ecurie Vienne, für die auch der Rennfahrfreund Jochen Rindts, Curd Barry fuhr.

Huber hat den Nachlass dieser Ecurie gekauft und sie wiederbelebt. In seinem Büro liegen historische Pokale und Sturzhelme, bloß den Ferrari GTO von Gunther Philipp und die anderen Autos waren nicht dabei - dann hätte er sich den Nachlass auch nicht leisten können, denn ein Ferrari GTO ist einer der teuersten historischen Rennsportwagen.

Déjà-vu in Sebring

Aber wenn wir von den gekreuzten Schicksalen sprechen, der zweite Porsche 908, der bei der Ecurie Vienne gezeigt wurde und in Le Mans antritt, gehörte früher einem noch berühmteren Schauspieler: Steve McQueen wurde damit 1970 beim 12-Stunden-Rennen in Sebring Zweiter, gemeinsam mit Peter Revson.

Warum McQueen Zweiter wurde und nicht siegte: Weil sich der für Ferrari fahrende Automobilweltmeister Mario Andretti so geärgert hatte, dass alles was Revson gut gemacht hatte, McQueen zugeschrieben wurde - neun der zwölf Stunden saß Revson am Steuer, und den Ruhm hätte McQueen gehabt. Andretti verstärkte das Fahrerteam eines der im Rennen verbliebenen Ferrari und strengte sich besonders an. Lachend erzählt er der englischen Zeitschrift "Motorsport", dass McQueen am Ende genau dieselbe Geste wie in seinem Film über Le Mans machte - "He gave me the finger".

PS: Es war geplant, dass Ginetta bis zum Gleichmäßigkeitsfahren "Großer Preis von Wien" am 13. Juni 2010 wieder richtig läuft - zum Glück wurde die Fahrt abgesagt.

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