Nationalen Eitelkeiten als Hindernis
Kampf gegen die Korruption
Die Europäische Union hat der Korruption den Kampf angesagt. Was das für Österreich bedeutet, haben Experten der Betrugsbekämpfungsbehörde OLAF, der EU-Kommission und der Organisation Transparency International in Wien diskutiert.
8. April 2017, 21:58
"OLAF war eine ganz wichtige Geschichte."
Herbert Bösch über die Entstehungszeit und Aufgaben der EU-Betrugsbekämpfungsbehörde
Verdachtsmomente mit Folgen
Die Bekämpfung von Korruption auf europäischer Ebene ist ein relativ junges Thema. Wer in den letzten 15 Jahren damit befasst war, hat automatisch die Weichen mitgestellt. Einer von ihnen ist Herbert Bösch (SPÖ), der im Europäischen Parlament ständiger Berichterstatter für Betrugsbekämpfung war und durch seine Arbeit als parlamentarischer Haushaltskontrolleur einst den Rücktritt der gesamten Kommission erreichte.
Zur Erinnerung: Die Französin Edith Cresson und ihr spanischer Kollege Manuel Marin standen damals im Mittelpunkt mehrerer Affären um mutmaßliche Günstlingswirtschaft, dem damaligen Kommissions-Präsidenten Jacques Santer wurde dies zum Verhängnis. Rückblickend mein Herbert Bösch, dass es eine sehr spannende Zeit gewesen sei, die im Frühjahr 1999 mit dem - erstmaligen - Rücktritt einer europäischen Regierung einen Höhepunkt erreicht habe. Innerhalb von wenigen Monaten sei dann das Amt zur Korruptionsbekämpfung auf die Beine gestellt worden.
OLAF, das im Juni 1999 geschaffenen Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung, ist eine Dienststelle der EU-Kommission, die der politischen Verantwortung des für den Gemeinschaftshaushalt zuständigen Kommissionsmitglieds untersteht und in Bezug auf seine operative Tätigkeit unabhängig ist.
Frage des Respekts
Korruption sei kein Kavaliersdelikt, sondern stelle vielmehr die Grundfeste des Staats- und Gesellschaftsgefüges in Frage. Und so brauche es einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz und Diskurs, darüber waren sich die Diskutanten Donnerstagabend einig.
Allein in Österreich würden geschätzte 26 Milliarden Euro pro Jahr - das sind fast zehn Prozent des Bruttonationalprodukts - in irgendwelchen geheimen Kassen versickern. Auch wenn das im Vergleich zu etwa einer Billion Euro, die pro Jahr weltweit an Bestechungsgeld im Umlauf sind, eher Peanuts sind, sei das bei weitem kein Grund, sich zurückzulehnen.
Vorschriften, Regelungen und Empfehlungen zum Thema Korruptionsbekämpfung gäbe es genug - einzig mit mehr Leben sollten sie ausgestattet werden. Und die Mitgliedstaaten müssten wohl ein Stück weit ihre nationalen Eitelkeiten in den Griff bekommen - nur so könne man effizient und vernetzt arbeiten und auch verhindern, dass die Bürger irgendwann den Respekt vor ihrem Staat verlieren.