Streit um offene Rechnungen

Russland droht Weißrussland mit Gas-Stopp

Russland droht, Weißrussland den Gashahn zumindest teilweise zuzudrehen. Einerseits liegt das wohl daran, dass Weißrussland nicht alle Gasrechnungen bezahlt hat. Ein nicht unwesentlicher Grund ist aber auch die Politik des weißrussischen Präsidenten Lukaschenko, die in Moskau zunehmend für Irritation sorgt

Abendjournal, 18.06.2010

Kürzung um 85 Prozent

Russland droht damit, seinem finanzschwachen Nachbarn am kommenden Montag die Gaslieferungen zu kürzen. Ein entsprechender Personalstab zur Reduzierung der Energielieferungen um 85 Prozent stehe nun bereit, kündigte der Chef des russischen Gasmonopolisten Gazprom an. "Wir werden das Geld auftreiben", versprach Weißrusslands autoritärer Präsident Alexander Lukaschenko. Durch Weißrussland führt auch eine der wichtigen Transitleitungen für russische Energielieferungen an den Westen.

Streit um offene Rechnungen

Sollten die etwa 155 Mio. Euro bis Montag nicht auf den Konten von Gazprom gebucht sein, werde die Lieferung nur noch zu 15 Prozent aufrechterhalten, teilte der Staatskonzern mit. Dieser Umfang sei nötig, um den nötigen Druck im Pipelinenetz zu gewährleisten. Weißrussland hält die Gasrechnung für zu hoch und geht von 107 Mio. Euro aus. "Wir sind in Verhandlungen", sagte Lukaschenko. Er kritisierte, dass Moskau den Gaspreis für die vor dem Staatsbankrott stehende Ukraine kürzlich gesenkt, für Weißrussland jedoch erhöht habe.

Denkzettel Moskaus?

Der Streit hat aber nicht nur wirtschaftliche Hintergründe: Lukaschenko hatte die russische Führung wiederholt mit politischen Angriffen gereizt. Auch sein Schlingerkurs zwischen der EU und Russland gilt in Moskau als politisches Ärgernis. So hatte er jüngst in letzter Sekunde den Beitritt zu einer von Russland initiierten Dreier-Zollunion mit Kasachstan abgelehnt. Beobachter vermuten hinter dem neuen Gaskonflikt einen Denkzettel Moskaus. Angesichts der bevorstehenden Präsidentenwahl in seinem Land ist Lukaschenko dringend auf Hilfe aus Moskau angewiesen, um seine Macht zu erhalten.

Immer wieder kehrendes Thema

Erst im Jänner hatten sich Russland und Weißrussland nach monatelangem Streit auf einen neuen Liefervertrag für Gas geeinigt, den Minsk aber aus Sicht Moskaus nicht einhält. Anfang 2007 hatte ein Streit zwischen beiden Ländern zu einem mehrtägigen Lieferstopp geführt. Auch bei früheren Konflikten Russlands mit der Ukraine hatte es wiederholt Lieferengpässe Richtung Westen gegeben.