Informant in Haft

Wikileaks: Enthüllungen über US-Operationen

Ein geheimes Video aus dem Pentagon über einen Helikopterangriff auf Zivilisten in Bagdad hat auf der Internet-Seite "Wikileaks" die Kritik am Vorgehen des US-Militärs im Irak angeheizt. Der Informant sitzt in Kuweit in Untersuchungshaft. Einer der Gründer von Wikileaks, der Internet-Aktivist Julian Assange, hat im Europaparlament erstmals dazu Stellung genommen.

Morgenjournal, 22.06.2010

Wilde Spekulationen

Julian Assange ist für Internetinteressierte ein Star. Der australische Aktivist und Mitbegründer einer Internetseite mit dem Namen Wikileaks steht im Zentrum eines politischen Sturms. Die Zugriffe auf Wikileaks haben in den letzten Wochen explosionsartig zugenommen. Denn nach der Veröffentlichung des verheerenden Geheimvideos über einen Helikopterangriff auf Zivilisten im Irak hieß es, die Aufdecker-Website sei im Besitz weiterer die USA kompromittierender geheimer Dokumente. Der Wikileaks-Gründer Julian Assange sei untergetaucht und in Lebensgefahr, so die Spekulationen.

"Wir wissen, wie man sich verhalten muss"

Im Europaparlament in Brüssel gibt sich der weißhaarige Julian Assange ziemlich gelassen: "Es stimmt, das war wahrscheinlich eine der eher dramatischen Situationen, mit der wir in der letzten Zeit zu tun hatten. Aber wir wissen, wie man sich verhalten muss." Sorgen um seine persönliche Sicherheit ebenso wie um die Sicherheit der Mitarbeiter von Wikileaks müsse man sich keine machen, so Assange. "Die amerikanische Regierung hat eingesehen, dass es politisch unmöglich ist, gegen uns vorzugehen", sagt der Internet-Guru. "Meine Anwälte haben mir einfach geraten in der nächsten nicht in die USA zu reisen, daran halte ich mich."

Inhaftierter Informant unerreichbar

Die Information, wonach Wikileaks einen Berg zusätzlichen kompromittierenden Geheimmaterials aus dem Datenverkehr amerikanischer Botschaften erhalten habe, komme vom State Department, sagt Julian Assange. "Bradley Manning, ein Nachrichtentechniker der amerikanischen Streitkräfte, soll uns 260.000 vertrauliche Dokumente geschickt haben, wir bestreiten das." Der angebliche "Whistleblower" Bradley Manning, der Wikileak auch das inkriminierende Irakvideo zur Verfügung gestellt haben soll, sitzt inzwischen wegen Geheimnisverrat in Kuweit in Untersuchungshaft. Die amerikanischen Anwälte, die sich um seinen Fall kümmern, haben es bisher nicht geschafft, den 22-Jährigen zu kontaktieren, so Assange.

Weitere Enthüllungen zu erwarten

Als Internet-Instrument für anonyme Aufdecker ist Wikileaks inzwischen rund um den Globus bekannt. Dass die Organisation um vieles mehr Material aus den USA erhält als aus Europa, erklärt Julian Assange mit der dominierenden Stellung der Supermacht USA: "Wir haben schon auch Material über Europa und diverse europäische Bürokratien. Aber die USA tragen mehr als die Hälfte aller Militärausgaben der Welt und sie sind in zwei sehr umstrittene Kriege verwickelt. Viele Leute, auch aus dem Inneneren, sehen die Geheimhaltung rund um diese Kriege als Problem an, einige wollen Änderungen und stecken uns eben Material zu." Man darf gespannt sein, was die nächsten Enthüllungen auf Wikileaks sein werden.