Wie wird sie geschützt?

Kunst im öffentlichen Raum

Einst mit großem Aufwand im öffentlichen Auftrag entstanden, wurde nun in Wien eine Steinskulptur des Vorarlberger Künstlers Gottfried Bechtold durch unsachgemäße Entfernung zerstört. Eine Diskussion zum Thema "Schutz von Kunst im öffentlichen Raum" im project space am Karlsplatz.

Kultur aktuell, 22.06.2010

Seit 1987 stand vor dem Austria Center Vienna, dem Kongresszentrum neben der Wiener UNO-City, eine Skulptur des Vorarlberger Künstlers Gottfried Bechtold. Ohne den Künstler zu informieren, wurde Bechtolds Skulptur im Jänner dieses Jahres vom Vorhof des Austria Center entfernt und beim Transport beschädigt.

Gottfried Bechtold spricht von einer mutwilligen Zerstörung seines Kunstwerks. Aus aktuellem Anlass hat die Kunsthalle Wien zu einer Diskussionsrunde im project space am Karlsplatz eingeladen und gefragt. Wie kann und soll Kunst im öffentlichen Raum geschützt werden?

Gesamtgewicht 316 Tonnen

Fünf Steinmonolithen mit einem Gesamtgewicht von circa 316 Tonnen hat Gottfried Bechthold vor über 20 Jahren nach Wien gebracht. Millionen Jahre altes Urgestein aus fünf Kontinenten, das bis vor kurzem wie ein kleines Stonehenge im Hof des Austria Center Vienna gruppiert war. Als Beitrag zur interkontinentalen Verständigung wollte Gottfried Bechthold diese Skulptur verstanden wissen, die den Eingang eines Ortes flankierte, an dem Menschen aus aller Welt miteinander kommunizieren.

Im Jänner dieses Jahres passierte das Unerwartete: Die Betreiber des Austria Center ließen Bechtolds Skulptur abtransportieren. Zufällig befindet sich der Vorarlberger Künstler gerade in Wien.

60 Bohrlöcher

Gottfried erinnert sich an die Vorgänge vor dem Kongresszentrum: "Da waren zehn Bauarbeiter mit Bohrmaschinen und sie haben einen Stein gespalten, sie haben 60 Löcher bis zu 20 cm Durchmesser gebohrt. Sie haben das verhunzt, zerstört und diese Arbeit missachtet", so der Künstler.

Kann ein Künstler gegen eine solche Missachtung seiner Arbeit juristisch vorgehen? Wie weit reicht das Urheberrecht, und wie weit reicht das Recht der Eigentümer? Und welche Rolle spielt Kunst im Öffentlichen Raum im Allgemeinen? Aus aktuellem Anlass widmete sich Montagabend eine hochkarätige Expertenrunde diesen und anderen Fragen. Im project space der Kunsthalle Wien diskutierten unter anderem Bettina Leidl, die Geschäftsführerin von Kunst im öffentlichen Raum (KÖR), der Direktor des Architekturzentrums Wien Dietmar Steiner und Standard-Kulturchefin Andrea Schurian. Umstritten der Vorschlag Bettina Leidls, Kunstwerke im öffentlichen Raum in Zukunft mit Erläuterungstafeln zu versehen, um das Verständnis der Öffentlichkeit zu erhöhen.

"Ich finde das eine völlig falsche Herangehensweise, Kunst im öffentlichen Raum erklären zu wollen. Entweder sie funktioniert als Störung der Wahrnehmung oder nicht, dann ist sie halt ein Möbel wie jedes andere", so Steiner.

"Kunst ist kein Freiwild"

Diskutiert wurde auch die Frage, inwiefern ein allzu pädagogischer Impetus die Sprengkraft der Kunst im öffentlichen Raum zersetzt. Irritationen gehören schließlich zum Spiel. Eine solche Irritation ist Gottfried Bechtold während des Nationalratswahlkampfes 2008 gelungen. Damals posierte Bechthold in leicht dümmlicher Politikermanier für ein fiktives Plakat, das er allerdings abwechselnd mit den verschiedenen Logos der tatsächlich kandidierenden Parteien versah. Eine Erläuterungstafel hätte die Wirkung dieser Intervention im öffentlichen sicherlich vermindert.

Bei aller Unstimmigkeit: Einig waren sich die versammelten Experten darin, dass die Demontage von Gottfrieds Bechtholds Skulptur durch die Betreiber des Austria Center Vienna zu verurteilen ist. Kunsthallendirektor Gerald Matt bringt diese Kritik auf den Punkt: "Kunst im öffentlichen Raum ist kein Freiwild, das man einfach zerstören kann." Die Kunstwerke seine Teil des Stadtbildes.

Um Zerstörungen dieser Dimension in Zukunft zu verhindert, scheut Gottfried Bechthold auch den Gang vor Gericht nicht. Mit Unterstützung von KÖR prüft Bechtold jetzt, ob eine Anzeige wegen schwerer Sachbeschädigung eingebracht werden kann.

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Gottfried Bechtold
oesterreich.ORF.at - Zerstörte Skulptur: Bechtold überlegt Klage