General lästert über US-Regierung
Afghanistan-Kommandeur muss gehen
Nach nur einem Jahr ist Stanley McCrystal seinen Job als Chefstratege der internationalen Afghanistan-Mission schon wieder los. US-Präsident Barack Obama hat gestern bestätigt, dass der ranghohe General abgesetzt wurde. Obama zog damit die Konsequenzen aus abfälligen Kommentaren des Generals über die Regierung.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 24.06.2010
"Enttäuscht" von Obama
Stanley McChrystal hatte in einem Portrait über ihn im US-Musikmagazin "Rolling Stone" Kritik an der US-Strategie in Afghanistan geübt und vor allem Vizepräsident Joe Biden und den US-Botschafter in Kabul, Karl Eikenberry, scharf angegriffen. Auch Präsident Obama wird erwähnt: Von einem ersten Treffen mit dem US-Präsidenten sei der General "enttäuscht" gewesen. McChrystal entschuldigte sich nach Bekanntwerden des Artikels umgehend.
Obama unter Zugzwang
Die Äußerungen des Afghanistan-Kommandanten Stanley McChrystal waren nicht nur für den General selbst peinlich. Barack Obama hat nie einen Zweifel daran gelassen, wie wichtig er seine Rolle als Chef der Streitkräfte nimmt. Deswegen waren die Lästereien auch für Obama politisch schädlich, zogen sie doch seine Eignung als Oberbefehlshaber in Zweifel. Obama war unter Zugzwang und traf eine Entscheidung: Mitten in der schwierigsten Phase des Afghanistan-Einsatzes entließ er den hoch angesehenen General.
Kein Strategiewechsel
Nach dem halbstündigen Treffen im Weißen Haus sagte Obama, es sei schwierig, auf McChrystal verzichten zu müssen. Für die nationale Sicherheit sei dies aber der richtige Schritt. Nachfolger von McChrystal in Afghanistan soll der aktuelle Chef des US-Zentralkommandos, David Petraeus, werden. Obama betonte, dass die Berufung von Petraeus zum neuen Oberbefehlshaber der NATO- und US-Truppen in Afghanistan keinen Strategiewechsel bedeute. Auch NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen erklärte in Brüssel, die derzeitige Afghanistan-Strategie, an deren Entwicklung McChrystal maßgeblich beteiligt war, sei die richtige und werde fortgeführt.
Mittagsjournal, 24.06.2010
Karsai respektiert Entscheidung
McChrystals Entlassung kommt für Obama zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Die internationalen Truppen bereiten im Süden Afghanistans eine Großoffensive gegen die Taliban vor, gleichzeitig nehmen die Todesfälle von Soldaten bei Kämpfen und Anschlägen zu. Der afghanische Präsident Hamid Karsai ließ erklären, er respektiere Obamas Entscheidung und "freue" sich auf die Zusammenarbeit mit "dem erfahrenen General" Petraeus. Bis zur Bestätigung von Petraeus' Ernennung durch den US-Kongress übernimmt der britische Generalleutnant Nick Parker das Kommando am Hindukusch.